Integration im Rückwärtsgang

Saarbrücken. Im Saarland ist die Integration geistig behinderter Schüler in Regelschulen seit 2003 rückläufig, während sie in Rheinland-Pfalz ebenso stetig zunimmt. Das geht aus der Statistik der Kultusministerkonferenz (KMK) hervor

 Ein geistig behinderter Junge in einer Regelschule. Foto: Privat

Ein geistig behinderter Junge in einer Regelschule. Foto: Privat

Saarbrücken. Im Saarland ist die Integration geistig behinderter Schüler in Regelschulen seit 2003 rückläufig, während sie in Rheinland-Pfalz ebenso stetig zunimmt. Das geht aus der Statistik der Kultusministerkonferenz (KMK) hervor. Danach ist unter den geistig behinderten Schülern im Saarland der Anteil jener, die eine allgemeine Schule - also nicht die Förderschule Geistige Entwicklung - besuchen, im Zeitraum von 2003 bis 2008 von 4,0 auf 3,1 Prozent zurückgegangen, während dieser Anteil in Rheinland-Pfalz im selben Zeitraum von 2,5 auf 6,7 Prozent zunahm (siehe Infografik).

In Hamburg stieg diese Quote in derselben Zeit sogar von 18,0 auf 27,6 Prozent. Im Bundesdurchschnitt nahm die Quote im gleichen Zeitraum von 2,8 auf 3,3 Prozent zu. Nachdem das Saarland im Jahr 2003 noch deutlich über dem Bundesdurchschnitt gelegen hatte, liegt es jetzt also darunter.

Das saarländische Bildungsministerium hat für die niedrige Integrationsquote im Land eine einfache Erklärung: "Die hohe Qualität der Förderschulen Geistige Entwicklung hat die Eltern anscheinend überzeugt, dass ihre Kinder dort besser gefördert werden können." Im Übrigen habe das Ministerium im vergangenen Jahr keinen Förderantrag auf integrative Unterrichtung im Bereich Geistige Entwicklung abgelehnt. Das dürfte zutreffen.

Es gibt jedoch auch Fälle, in denen erst gar kein Förderantrag gestellt wird, weil Lehrer die Integration ablehnen. Der SZ ist ein Fall im Saarland bekannt, in dem Eltern ihrem geistig behinderten Sohn, der gut in einer Grundschule integriert war, in diesem Jahr den Besuch einer Gesamtschule ermöglichen wollten, dies aber am Widerstand der dortigen Lehrer scheiterte. Dabei hatte die Grundschullehrerin die Integration an der Gesamtschule klar befürwortet. Der Schulleiter der Gesamtschule bestätigte dies auf Anfrage, verwies aber auf schwierige Rahmenbedingungen an seiner Schule. So habe man schon "um die 30 Integrationskinder" mit anderen Behinderungen an der Schule. Die Klassengröße liege meist bei 29 Kindern. Ein Sonderpädagoge sei nur in zwei oder vier Unterrichtsstunden pro Woche präsent. Und wenn er krank sei, gebe es für ihn keinen Ersatz.

Geistig behinderte Kinder werden in Regelschulen "zieldifferent" unterrichtet. Das heißt, die Lernziele dieser Schüler unterscheiden sich von denen der anderen Schüler, obwohl der Unterricht im gleichen Klassenverband stattfindet. Rheinland-Pfalz setzt dabei auf "Schwerpunktschulen", die besonders gut mit Sonderpädagogen ausgestattet sind. Die Regierung in Mainz knüpft das Netz dieser Schulen nach eigenem Bekunden "schrittweise immer dichter" - bei den Grundschulen, aber auch bei den weiterführenden Schulen.

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