Im Dorf spielt künftig die Musik

Quierschied. Es ist das Schlagwort der heutigen Zeit: demografischer Wandel. Dahinter stecken Tatsachen, die schon länger bekannt sind, die aber erst jetzt so richtig ins öffentliche Bewusstsein rücken: Die Menschen werden älter und weniger. So hatte die Gemeinde Quierschied mit ihren drei Ortsteilen Quierschied, Fischbach/Camphausen und Göttelborn 1984 etwas mehr als 16000 Einwohner

 Die Tatsache, dass immer weniger Kinder auf die Welt kommen, krempelt viele Bereiche des öffentlichen Lebens um. Foto: dpa

Die Tatsache, dass immer weniger Kinder auf die Welt kommen, krempelt viele Bereiche des öffentlichen Lebens um. Foto: dpa

Quierschied. Es ist das Schlagwort der heutigen Zeit: demografischer Wandel. Dahinter stecken Tatsachen, die schon länger bekannt sind, die aber erst jetzt so richtig ins öffentliche Bewusstsein rücken: Die Menschen werden älter und weniger. So hatte die Gemeinde Quierschied mit ihren drei Ortsteilen Quierschied, Fischbach/Camphausen und Göttelborn 1984 etwas mehr als 16000 Einwohner. Ende 2007 waren es noch 14100. Und 2030 werden es wohl nur noch knapp 12800 sein.

Dies prognostizierte Otmar Weber, der Leiter der Agentur "Ländlicher Raum" im saarländischen Umweltministerium am Montagabend bei einer Informationsveranstaltung im Kultursaal des Quierschieder Rathauses. Das Thema: "Demografischer Wandel in Quierschied - Eine Herausforderung für uns alle." Eingeladen hatte das Quierschieder Gemeindemarketing.

Wenn man näher hinschaue, könne einem dieser Wandel schon Angst machen, erklärte Bürgermeisterin Karin Lawall. Denn immer weniger Bürger bedeuteten für eine Kommune weniger Einnahmen und geringere Investitionen, aber mehr Leerstände. Und: Weniger Bürger müssten mehr zahlen für den Erhalt von Infrastruktur-Maßnahmen, wie beispielsweise Straßen oder Kanäle. Lawall kündigte Otmar Weber als einen Mann an, der wisse, wovon er spreche.

Gleich zu Beginn seines Vortrags gab es vom Referenten ein Lob für die Gemeinde. "Mit dieser Veranstaltung macht Quierschied schon mal den ersten Schritt in die richtige Richtung", betonte Weber und erklärte auch gleich warum: "Das Problem zu verdrängen, hilft nicht. Das führt zur Untätigkeit."

Demografischer Wandel sei keine Monatsaufgabe, sondern ein Tagesgeschäft. Und damit müsse man nicht morgen oder vielleicht übermorgen beginnen, sondern sofort. "Der demografische Wandel geht uns alle an - Staat, Kirchen und Vereine. Er wirkt sogar bis in die Familien hinein", machte Weber deutlich. Deshalb müssten auch alle Gruppen zusammenarbeiten. Keine Idee dürfe tabu sein, nicht der Senioren-Kaffeenachmittag im Kindergarten, auch nicht der Tango-Abend im Gotteshaus. Ein wichtiges Mittel, dem Strukturwandel zu begegnen, seien Kooperationen, von Kommunen aber auch von Vereinen. "Zusammenarbeit bedeutet das Abrücken vom Kirchturmdenken. Nachbarvereine müssen ja nicht gleich heiraten."

Mit anderen Worten: Sie sollten ernsthaft darüber nachdenken, ihre Kräfte zu bündeln - im Hinblick auf den fehlenden Nachwuchs. Auch eine funktionierende Nachbarschaft bekomme eine immer größere Bedeutung. Den Kommunen riet Weber, an den Ortsrändern keine Neubaugebiete mehr auszuweisen. Er betonte: "Im Dorf spielt die Musik." Deshalb gelte es auch, die Dorfkerne wieder lebenswerter zu machen. "Nachbarvereine

müssen ja

nicht gleich

heiraten."

Referent Otmar Weber

Meinung

Überleben durch Zusammenarbeit

Von SZ-Redakteurin

Michèle Hartmann

Demografischer Wandel - ein sperriger Begriff. Und alles andere als leichte Kost. Aber: Er geht wohl jeden Menschen was an. Mehr und mehr fällt auf, dass sich ein gesellschaftlicher Wandel vollzieht. Es wird derweil viel diskutiert in "mittelalterlichen" Kreisen, also unter den Leuten, die so um die 50 sind. Sie überlegen sich ganz genau, wo sie ihren Lebensabend verbringen wollen oder können. Hilfe innerhalb der Familie - das war früher. Heute ist da vieles weggebrochen. Das heißt: Die Vollversorgung muss den Bürger erreichen und nicht umgekehrt.

Und die Macher in den Kommunen? Die müssen sich nicht nur schlaue Vorträge anhören, sondern sich auch schnellstens überlegen, welche Ansiedlungspolitik künftig die richtige sein wird. Die Nummer mit den Neubaugebieten an der Peripherie war gestern. Und auch die mit dem Supermarkt, den man nur motorisiert erreichen kann. Über kurz - oder lang? - vorbei sein werden auch die Zeiten, da jede einzelne Kommune ihr Süppchen ganz alleine kocht. Überleben geht nur durch Kooperation. Nur so sind schwindende Einnahmen aufzufangen. Doch wer macht den Anfang?

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