Erinnerungen an Willi Spiess

Homburg/Altstadt

 Sybille Spiess-Deckert, die Tochter von Willi Spiess, ist derzeit dabei, ein Werkverzeichnis des Künstlers zu erstellen. Foto: Martin Baus

Sybille Spiess-Deckert, die Tochter von Willi Spiess, ist derzeit dabei, ein Werkverzeichnis des Künstlers zu erstellen. Foto: Martin Baus

Homburg/Altstadt. Er galt als einer der eher Stillen in der saarländisch-pfälzischen Kunstszene, obwohl ihm stets attestiert worden war, einer jener Maler zu sein, die den Weg zur kommenden europäischen Malerei ebnen und festlegen: Von Willi Spiess (Foto: SZ) ist die Rede, dem aus Homburg stammenden Künstler, der die vergangenen dreieinhalb Jahrzehnte seines Lebens im Altstadter Atelier arbeitete. Am Montag, 4. Mai, würde Willi Spiess 100 Jahre alt. Der Geburtstag ist Anlass für gleich zwei Gedenkausstellungen: Sowohl die Homburger Saalbau-Galerie als auch die von ihm gegründete, nun von seiner Tochter Sybille Spiess-Deckert geleitete Galerie "Kunststall" in Altstadt bieten Retrospektiven zu Ehren des Kunstmalers (wir berichteten). Gemälde und Grafiken aus sechs Jahrzehnten umfassen die beiden Werkschauen, die sämtliche Phasen seines Schaffens beispielhaft abdecken. Willi Spiess wurde 1909 in Homburg geboren. Er lernte zunächst Kaufmann, ehe er sich 1934 ganz der Kunst widmete. Sein Studium absolvierte er an den Akademien in Karlsruhe und Stuttgart. "Bis in die 50er Jahre hinein schuf er Bilder fast aller Stilrichtungen - von naturalistischen und realistischen Arbeiten bis hin zu modernen abstrakten, kubistischen Techniken", skizziert Sybille Spiess-Deckert. Und zeigt beispielsweise auf das kleinformatige Porträt eines kaukasischen Hirten, das er im Krieg 1941 in Russland gemalt hat und das noch weit entfernt von den später so abstrakten Themen scheint. Einschneidend war für Spiess ein Aufenthalt in Paris, den er 1960 antrat. "Meine künstlerisch wertvollste, kreativste Phase", charakterisierte er hernach immer wieder seine Zeit an der Seine. Gezeigt worden waren seine Arbeiten erstmals bereits 1953, zahlreiche Ausstellungen auch auf internationalem Parkett etwa in Beirut, Lyon oder Lausanne folgten. "Ein Maler der Avantgarde einer neuen Welt", lautete einmal ein Urteil über Willi Spiess, und just dieses Prädikat machte er selbst bis ins hohe Alter hinein zu seiner Maxime. "Hintersinn und Humor seiner frühen Objekte, strukturelle Intelligenz und Fantasie-Fülle" bescheinigte eine Kunstkritikerin einmal seinem Werk. In der näheren und weiteren Umgebung sind im Übrigen nicht wenige Werke von Willi Spiess öffentlich zu sehen und zugänglich: die beiden Reliefs am Homburger Talzentrum etwa, die Szenen aus der Historie der Stadt in monumentalen Metallbildern reflektieren. Was sich dem Betrachter zunächst als merkwürdig, unzugänglich, verfremdet und abstrakt präsentiert, entwickelt sich erst beim genauen Blick als gewaltiger Streifzug durch die Geschichte seiner Geburtsstadt. In der Einsegnungshalle auf dem Friedhof von Böckweiler oder in der Einöder Friedhofshalle finden sich weitere Arbeiten aus dem Atelier des Künstlers, das sich seit 1972 in einem alten Bauerngehöft in der Altstadter Turmstraße befand. Eigenhändig hatte Willi Spiess den Wirtschaftstrakt umgebaut und die Galerie "Kunststall" aus der Taufe gehoben, die über viele Jahre hinweg insbesondere jungen avantgardistischen Künstlern ein Forum bot und nach wie vor bietet.

Auf einen BlickDie Ausstellung in der Homburger Saalbau-Galerie wird am Montag, 4. Mai, 18.30 Uhr, eröffnet. Einführende Worte spricht die Kunsthistorikern F. J. Mathis-Sandmeier, musikalisch umrahmt wird die Vernissage, zu der alle Interessierten und Freunde des Künstlers eingeladen sind, von dem Bläserensemble "Saxuelle Befreiung" um den Saxofonisten Udo Lovisa. Bis 24. Mai ist die Ausstellung dann mittwochs bis freitags von elf bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr zugänglich. Weitere Einblicke in das Werk von Willi Spiess bietet der Altstadter "Kunststall" am Samstag, 16. Mai von 15 bis 19 Uhr, und am Sonntag, 17 Mai, von elf bis 18 Uhr. bam

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