Buchvorstellung Einblicke hinter die Mauern der Macht
Saarbrücken · Ein neuer Band mit zahlreichen Fotos zeigt, dass es in der Saarbrücker Staatskanzlei nicht immer nur bierernst zugeht.
Die Fäden der Landesregierung mit ihren tausenden Beschäftigten laufen seit 24. September 1958 am Saarbrücker Ludwigsplatz zusammen. Just am 50. Geburtstag des damaligen Ministerpräsidenten Egon Reinert (CDU) wurde dort die neue Staatskanzlei eingeweiht. Der damalige katholische Stadtdechant Augustinus Braun wünschte in seiner Rede, dass ein lebendiger, schöpferischer Geist „mit erleuchteter Weisheit, väterlicher Güte und vertrauenserheischender Autorität“ das Schicksal des Landes lenken werde. Seither hat das Gebäude unterschiedliche Charaktere als Regierungschefs und Staatskanzleichefs erlebt.
In der Reihe „Echolot“ des Landesarchivs ist nun ein 200 Seiten dickes Buch über die Staatskanzlei erschienen. Herausgeber ist der Jurist Ulli Meyer, ehemaliger Abteilungsleiter in der Staatskanzlei und inzwischen Finanzstaatssekretär. Er schildert in Beiträgen die Entstehungsgeschichte des Hauses und die Funktionen der Staatskanzlei. Kernaufgabe der Regierungszentrale mit derzeit rund 120 Mitarbeitern ist die möglichst geräuschlose Koordination der Ministerien mit ihren oft unterschiedlichen Ressortinteressen und die Unterstützung der Ministerpräsidentin.
Auf 100 Seiten bilden historische Aufnahmen die Zeit vom Ministerpräsidium des teilautonomen Saarstaates bis zum Jahr 2015 ab. Ursprünglich geplant war nur eine baugeschichtliche Dokumentation, als die Staatskanzlei 2009 denkmalgerecht saniert wurde. Doch in den Archiven stieß man auf teils illustre Fotos aus mehreren Jahrzehnten, auf Aufnahmen von Bauarbeiten, Konzerten, Bürgerfesten, Empfängen, Demonstrationen, Trauerfeiern, Besprechungen, Verhandlungen, Antritts- und Staatsbesuchen.
Nach dem Krieg war die Regierungszentrale zunächst in der Villa Hirsch in der Scheidter Straße untergebracht, ab 1948 dann in der Villa Rexroth, in der heutigen Bismarckstraße, wo jetzt die Moderne Galerie steht. Der Neubau am Ludwigsplatz wurde ab 1953 geplant, also schon zu „Joho“-Zeiten. Die im Krieg zerstörten Palais „Lüders“ und „Freital“ wurden rekonstruiert, verbunden nun durch ein flaches, von Friedrich Ahammer entworfenes Atriumgebäude, in dem sich die Büros der Ministerpräsidentin und des Chefs der Staatskanzlei, der Festsaal und der Kabinettssaal befinden.
Die letzte Baulücke im spätbarocken Stengel-Ensemble wurde Ende der 1970er Jahre geschlossen: Damals ließ Ministerpräsident Franz Josef Röder ein im 18. Jahrhundert als Schul- und Pfarrhaus erbautes und im Krieg völlig zerstörtes Palais neu erbauen. Nach Röders Tod bekam es den Namen „Palais Röder“.
Die Aufnahmen in dem Band zeigen auch, wer in der Staatskanzlei alles schon zu Gast war: Präsidenten und Kanzler der Bundesrepublik, ausländische Staatsgäste wie der ehemalige französische Staatspräsident François Mitterand, Michael Gorbatschow oder der frühere amerikanische Außenminister Henry Kissinger, aber auch Stars aus Sport, Unterhaltung, Film und Medien, sogar Schlagerstars mit Dieter Thomas Heck an der Spitze. Die Aufnahmen zeigen, dass es in der Staatskanzlei nicht immer nur bierernst zugeht.
Ulli Meyer (Hrsg.): Die Staatskanzlei des Saarlandes. Eine Geschichte in Bildern, Saarbrücken, Echolot – Historische Beiträge des Landesarchivs Saarbrücken, 200 Seiten, ISBN 978-3-945087-03-9, 19,80 Euro.