Stadtrat Zweibrücken Ratsdebatte über Demo-Auflösung verboten

Zweibrücken · Bürgermeister Gauf hat den Stadtrat gestern Abend nicht über die Auflösung der Kundgebung „Gemeinsam gegen Rechts“ durch das Ordnungsamt debattieren lassen. Viele kritische Anfragen dazu ließ Gauf zu, beantwortete aber noch keine einzige.

 Christina Rauch (CDU) regt an, zum 14. März wieder zu gemeinsamen Veranstaltungen (Symbolbild von einer „Zweibrücken ist bunt statt braun“-Demo) aufzurufen. Diesmal war das Kundgebungs-Bündnis deutlich linkslastig.

Christina Rauch (CDU) regt an, zum 14. März wieder zu gemeinsamen Veranstaltungen (Symbolbild von einer „Zweibrücken ist bunt statt braun“-Demo) aufzurufen. Diesmal war das Kundgebungs-Bündnis deutlich linkslastig.

Foto: Gerrit Dauelsberg

Zu einem Eklat ist es am Mittwochabend im Zweibrücker Stadtrat gekommen. Über den Antrag von Linken-Fraktionschef Matthias Nunold, eine Stellungnahme der Verwaltung zur Auflösung der Kundgebung am 14. März auf dem Hallplatz auf die Tagesordnung zu setzen, ließ Bürgermeister Christian Gauf nicht einmal abstimmen. Unterstützt von Rechtsamtsleiterin Annegret Bucher nannte Gauf (CDU) zwei Gründe: Eine Änderung der Tagesordnung sei nur bei „dringlichen“ Themen möglich – dies sei hier nicht der Fall, weil bei Nichtbefassung der Stadt kein Nachteil entstehe. Zudem dürfe sich der Rat nur mit Themen befassen, die der „kommunalen Selbstverwaltung unterliegen“ – das Versammlungsrecht sei aber „eine Auftragsangelegenheit“.

Walter Rimbrecht (SPD) entgegnete empört: „Der Stadtrat kontrolliert die Verwaltung. Wenn die Verwaltung Fehler macht, ist das offensichtlich Sache des Stadtrats!“ FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser warnte Gauf vor der Außenwirkung, wenn der Rat sich nicht mit dem Thema beschäftigen dürfe und gab zu bedenken: „Tatsache ist: Die Zeitungen sind voll von dieser Sache, bis nach Speyer gibt es Fragen – kehren wir das jetzt unter den Teppich?“ (Der Speyerer Verfassungsrechtler Professor Joachim Wieland hatte im Merkur die Demo-Auflösung als rechtswidrig bezeichnet.) Gauf blieb bei seiner Entscheidung: Diese habe man „im Vorfeld geprüft“, rechtlich sei eine Ratsdebatte gar nicht möglich.

Anfragen zu der Demo-Auflösung ließ Gauf allerdings zu. Wobei er vorab ankündigte, auf alle Fragen erst schriftlich zu antworten.

SPD-Fraktionschef Stéphane Moulin hatte seine Fragen vorab eingereicht und sieht durch die Auflösung der, so Moulin, völlig friedlich verlaufenen Kundgebung „Gemeinsam gegen Rechts“ durch das Ordnungsamt das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit beschränkt (wir berichteten ausführlich).

Rimbrecht stellte Bürgermeister Gauf spontan noch etliche weitere Fragen. Nummer eins: „Halten Sie es für klug und für deeskalierend, dem Rat das Wort nicht zu erteilen?“ Zumal in anderen Fällen wie der Rimschweiler Mauer die Verwaltung den Rat über Fragen der Auftragsverwaltung sogar habe entscheiden lassen. Rimbrecht fragte auch, „welches Bild von Zweibrücken entsteht, wenn Nazis mit Fackeln durch die Stadt ziehen dürfen und die Linken eine Veranstaltung beendet bekommen“. Ihm sei „jeden Morgen der Kamm geschwollen, wenn in der Zeitung merkwürdige Ausreden der Stadtverwaltung zu lesen waren, warum man die Veranstaltung habe abbrechen müssen“.

Auf dem Hallplatz hatte es keine Zwischenfälle gegeben – die Stadt hatte die Auflösung damit begründet, dass zwei Drittel der Teilnehmer die Kundgebung verlassen und in Richtung der Kundgebung des „Nationalen Widerstands Zweibrücken“ auf dem Alexanderplatz gelaufen seien (wir berichteten).

Dirk Schneider (SPD), der wie Rimbrecht und Moulin selbst unter den Kundgebungs-Teilnehmern auf dem Hallplatz war, betonte: „Wir hatten nicht vor, uns zu prügeln!“ Nach Auflösung der Kundgebung sei auch er zum Alexanderplatz gegangen, um dort zu schauen, was die Rechtsextremisten machen, auch dort habe es „keine Schlägereien, keine Auseinandersetzungen gegeben“. Dort habe ein Polizist erst von ihm erfahren, dass das Ordnungsamt die Kundgebung auf dem Hallplatz aufgelöst hatte – auch dieses „Kommunikationsproblem“ müsse die Stadtverwaltung aufklären, forderte Schneider.

Gertrud Schanne-Raab (Grünen-Fraktion) fragte, ob es „irgendwelche Erkenntnisse gab, dass von der Veranstaltung auf dem Hallplatz irgendwelche Gefahren ausgegangen sind oder ausgehen sollten“. Und Schanne-Raab fragte, ob das Ordnungsamt auch gegen die vom Nationalen Widerstand ungenehmigt aufgestellten schwarzen Holzkreuze in der Stadt („ein Einschüchterungsversuch“) sowie Lärmbelästigung durch laute Musik bei der Werbung für die Neonazi-Demo am Samstag zuvor in der Fußgängerzone vorgehe.

Gerhard Burkei (Linke) fragte, wieso das Ordnungsamt einerseits aus Angst vor Zusammenstößen die demokratische Hallplatz-Kundgebung aufgelöst habe, während den Neonazis erlaubt worden sei, ihren Fackelzug „ganz in der Nähe vom Hallplatz am Musikhaus Müller vorbeiführen zu lassen“.

Burkei fragte auch, warum kein Amtsleiter bei der Auflösung vor Ort gewesen sei, „sondern nur eine Angestellte des Mittleren Diensts“. Und Burkei fragte, warum der Pressesprecher der Stadt sich zu der Demo-Auflösung öffentlich äußern durfte – den Stadträten aber verwehrt werde, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen.

Die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Christina Rauch verwies auf „den umfangreichen Fragenkatalog Christoph Genschs“ (wir berichteten ausführlich), „um uns ein klares Bild zu machen“. Wenn dieses vorliege, „können wir uns dazu äußern“. Bis dahin solle man „keine Vorverurteilungen“ machen. Rauch wunderte sich auch über „den aufgeregten und teils unfairen Umgang miteinander“. Denn eins stehe doch jetzt schon fest: „Wir alle sind Demokraten, gegen Extremismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus!“

Rauch fragte, wie zuvor schon Kaiser, ob die Stadt nächstes Jahr wieder eine gemeinsame „demokratische“ (Rauch) Veranstaltung zum 14. März (Jahrestag der Zerstörung Zweibrückens im Zweiten Weltkrieg) machen könne. „Ich würde mich auch gerne wieder als Redner bereitstellen, das hat mir viel Freude gemacht“, sagte Rauch. Zuvor hatte Rimbrecht daran erinnert, dass bei Kundgebungen für ein buntes Zweibrücken „früher dieser Saal hier Flagge gezeigt und an einem Strang gezogen hat, auch die CDU stand mit bunten Schals auf der Rathaustreppe und Christina Rauch war eine der Hauptrednerinnen“. (Diesmal kam der Demo-Aufruf von den Linken, aus Parteikreisen waren unter den Veranstaltern ansonsten nur die Jusos und Die Partei.)

Rimbrecht lobte, die Stadtverwaltung mache grundsätzlich „gute Arbeit, aber jeder Mensch macht Fehler, aus denen man lernen kann“. Die Demo-Auflösung sei ein solcher Fehler gewesen.

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