Politische Bankrott-Erklärung

Meinung · Die Neuorganisation der bundesweit 346 Arbeitsgemeinschaften (Argen), in denen sich die Arbeitsagenturen zusammen mit Kommunen oder Landkreisen um die Empfänger von Hartz-IV-Leistungen kümmern, ist eine politische Bankrott-Erklärung ersten Ranges. In den fünf Jahren, in denen die Argen existieren, haben sich die Mitarbeiter, die aus den Agenturen und Sozialbehörden kommen, zusammengerauft

Die Neuorganisation der bundesweit 346 Arbeitsgemeinschaften (Argen), in denen sich die Arbeitsagenturen zusammen mit Kommunen oder Landkreisen um die Empfänger von Hartz-IV-Leistungen kümmern, ist eine politische Bankrott-Erklärung ersten Ranges. In den fünf Jahren, in denen die Argen existieren, haben sich die Mitarbeiter, die aus den Agenturen und Sozialbehörden kommen, zusammengerauft. Jeder hat vom anderen gelernt, man respektiert sich, auch wenn anfangs zwei Verwaltungswelten aufeinander stießen. Jetzt sollen sie wieder auseinander gerissen werden - zurück auf Start. Nötig ist dies, weil die Konstruktion der Argen dem Selbstverwaltungsrecht der Kommunen zuwider läuft, wie das Bundesverfassungsgericht angemahnt hat. Das ist auch gut so. Denn Städte und Gemeinden sind keine Vollzugsorgane bundesstaatlicher Gesetzes- und Verordnungsflut. Für diese Selbstbestimmung haben sie ewig - schon gegen Könige und Fürsten - gekämpft. Für den speziellen Fall der Argen hätte man allerdings das Grundgesetz ändern können. In der Großen Koalition aus Union und SPD hat anfangs sogar die Bereitschaft dafür bestanden - und es wäre bei dieser breiten Mehrheit seinerzeit auch möglich gewesen. Doch ausgerechnet in dieser Frage wollte die damalige CDU-Fraktion Bundeskanzlerin Angela Merkel einmal zeigen, "wo der Hammer hängt" und gab sich widerborstig.Wegen der Mehrheitsverhältnisse im jetzt gewählten Bundestag ist eine Verfassungsänderung in weite Ferne gerückt. Aus diesem Grund müssen die Argen wieder in zwei Hälften geteilt werden. Die Arbeitsagenturen sind künftig nur für die Bezahlung und die Integration der Bezieher von Arbeitslosengeld II in den Arbeitsmarkt zuständig, die kommunale Seite muss sich mit den Betroffenen darüber streiten, ob ihnen fünf Quadratmeter mehr zustehen oder ob sie zuviel Wasser, Strom oder Heizenergie verbraucht haben. Das gab es vorher zwar auch schon, aber jetzt müssen die Menschen zu zwei Sachbearbeitern laufen und gegebenenfalls bei zwei Leuten Widerspruch einlegen. Bislang hat das ein Ansprechpartner geregelt. Damit die Doppelstruktur verwaltungstechnisch funktioniert, müssen in großen Argen rund 30 000 Akten kopiert werden, weil jeder Sachbearbeiter die Unterlagen benötigt - der Amtsschimmel schlägt Purzelbäume. Auch wenn Arbeitsministerin Ursula von der Leyen dafür plädiert, dass Agenturen und Kommunen sich auch künftig liebhaben sollen, ist das reine Illusion. Diese Reform der Reform ist bisher nicht nur dumm gelaufen - sie ist einfach dumm.

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