Schöne neue iWelt?

Meinung · Jeder Koch kann ein Schnitzel braten und Kartoffelpuffer backen, doch die Haute Cuisine beherrschen nur wenige Künstler. Die besten sind geradezu besessen von ihrer Leidenschaft, sie sind trendy, innovativ und kreativ - genau wie Steve Jobs, der coole "Mr. Apple" und iStar der globalen Computerszene

Jeder Koch kann ein Schnitzel braten und Kartoffelpuffer backen, doch die Haute Cuisine beherrschen nur wenige Künstler. Die besten sind geradezu besessen von ihrer Leidenschaft, sie sind trendy, innovativ und kreativ - genau wie Steve Jobs, der coole "Mr. Apple" und iStar der globalen Computerszene. Jetzt hat er ein neues hippes Gerät namens iPad vorgestellt, das - wieder mal - die multimediale Welt revolutionieren soll. Warum sind Technik-Freaks in aller Welt fasziniert von Apple und Jobs, iMac und iPhone? Warum gelingt einem amerikanischen Garagen-Pionier und Marketing-Genie, als eine Art Berufsjugendlicher unablässig Trends zu setzen, an denen sich die gesamte Fachwelt orientiert? Wieso funktioniert das System Apple so gut? Die Antwort ist ziemlich simpel: Weil Boss Jobs eine Kultur der Vermarktung entwickelt hat, die direkt ins Herz der Szene zielt. Weil es ihm gelingt, Apple-Produkten ein Image der Einmaligkeit zu implantieren, das Instinkte weckt und den "must-have"-Reflex auslöst. Weil er die Fantasie der Menschen anregt. Apples Erfolg steht sinnbildhaft für die rasante Wandlung des Menschen westlicher Prägung vom gesellschaftskritischen Wohlstandsbürger der 70er Jahre zum konsumorientierten Lifestyle-Typen der Neuzeit. Steve Jobs hat erkannt, dass ein Produkt mehr sein kann als die Summe seiner nützlichen Eigenschaften. Ein Macintosh war immer interessanter als ein normaler PC, der iPod hat die MP3-Konkurrenz über Nacht alt aussehen lassen, das iPhone ist nicht bloß Telefon, es ist ein Kult-Objekt, das Statusgewinn verspricht. Aus der Apple-Philosophie, eigentliche Alltagsprodukte exklusiv zu designen und geheimnisvoll zu verklären, resultiert der besondere Charakter der Marke. Davon profitiert die gesamte Branche, zudem sind zahlreiche Satellitenmärkte entstanden, wie etwa die 130 000 Apps (spezielle Anwendungen) für das iPhone zeigen. Schöne neue iWelt? Selbst ein Aldous Huxley hätte sich solch eine Entwicklung nicht träumen lassen. Tatsächlich trägt Apple ein Stück weit dazu bei, die Medienwelt zu revolutionieren und damit das Verhalten der Menschen zu verändern. Auch wenn das iPad noch keineswegs perfekt ist und deutliche Schwachstellen hat (kein USB, kein Slot, keine Kamera), so ist es dennoch ein komplexes Multimedia-Surfbrett, das Fernseh-, Buch- und Zeitungs-fähig ist. Daraus ergeben sich kolossale Möglichkeiten für das Web 3.0. Eine Vorstellung, die auch Skepsis und Ängste auslöst, weil der weltweit dauervernetzte und informationsüberflutete Mensch am Ende überfordert sein könnte. Wenn er es nicht schon ist.

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