Greenpeace verliert mehr als nur Millionen

Berlin · Es ist erst sieben Monate her, da verteilten die Umweltschützer eine Pressemitteilung in eigener Sache. Der Titel: „Greenpeace von Stiftung Warentest zum Spenden empfohlen“.

Von insgesamt 46 untersuchten Tier-, Natur- und Umweltschutzverbänden gehöre man zu den sechs, die wirtschaftlich, transparent und gut organisiert arbeiteten. Greenpeace sei so strukturiert, "dass Korruption und Verschwendung vermieden wird", hieß es. Die Organisation bietet sogar eine Broschüre an, wie man sie im Testament berücksichtigen kann. Wie das Urteil der Tester wohl ausgefallen wäre, hätten sie von den missratenen Finanzspekulationen der Amsterdamer Greenpeace-Zentrale gewusst?

Greenpeace International verlor 3,8 Millionen Euro bei Termingeschäften, die auf einen sinkenden Euro-Kurs spekulierten - denn der Kurs stieg stark an. Der verantwortliche Mitarbeiter der Finanzabteilung wurde entlassen. Aber irgendetwas scheint auch mit dem internen Kontrollsystem nicht zu stimmen, wenn ein Einzelner einen derartigen Schaden verursachen kann. Die Mitteilung, die der deutsche Ableger gestern zu dem Vorfall verschickte, trägt den lapidaren Titel: "Defizit bei Greenpeace International". Zerknirscht sagt der deutsche Kommunikations chef Michael Pauli auf Nachfrage, die Geschichte sei sehr unangenehm. Aber er wehrt sich auch gegen den Eindruck, es gehe um wildes Jonglieren mit Spenden .

"Am Anfang steht eigentlich ein fürsorglicher Gedanke", erklärt er. Um beispielsweise Büros in Afrika zu unterstützen, erhalten sie Geld von Greenpeace International. Die Zentrale rechnet dabei in Euro, die Landesbüros arbeiten in den nationalen Währungen . Also entstehen - je nach Wechselkurs-Entwicklung - Verluste oder Gewinne. So weit, so normal. Um sich gegen starke Kursschwankungen abzusichern, entschied man sich im vorigen Jahr - entgegen der vorherigen Praxis - dafür, Währungen zu festen Kursen zu kaufen.

Pauli illustriert es mit einem einfachen Beispiel: Ein Tourist will im Sommer in die USA reisen und deckt sich schon im März mit reichlich Dollars ein. Dann steigt aber der Euro-Kurs, der Tourist hat die Dollars also viel zu teuer gekauft. Bei Greenpeace passierte Ähnliches: Der Kauf ausländischer Währungen für die Nationalbüros war abgeschlossen, ehe der Kurs des Euro laut Greenpeace gegenüber den meisten Währungen stieg. Der Eindruck von wilder Zockerei sei deshalb nicht richtig, sagt Pauli: "In Anführungszeichen war es ein ganz normales Bankgeschäft."

Das Budget von Greenpeace International beträgt dieses Jahr 82 Millionen Euro. Es dürfte nun genau geschaut werden, wie die Verluste aufgefangen werden. Ob und wieviel deutsches Spendengeld bei der Aktion verloren ging? Die Antwort kann bei der Deutschland-Zentrale in Hamburg noch niemand geben. Gut eine halbe Million Menschen spendeten hierzulande allein 2013 für den Schutz der Arktis vor Ölbohrungen und den Kampf gegen Atom- und Kohlekraft. Zuletzt besetzten Aktivisten die Parteizentrale der Linken, um gegen den Kurs der rot-roten Regierung Brandenburgs beim Braunkohle-Tagebau zu protestieren. Wegen des bis 2022 geplanten Atomausstiegs in Deutschland hat die Organisation allerdings das Thema mit dem größten Protestpotenzial verloren. Und fürs erste dürfte Greenpeace jetzt auch mit sich selbst beschäftigt sein.

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