Kaiser-Schmarren

Was ist im deutschen Fußball los? Uli Hoeneß sitzt im Gefängnis, der frühere DFB-Präsident hetzt gegen seinen Nachfolger, der „Kaiser“ redet einen Schmarren und wird vom Weltverband Fifa gesperrt – während die Nationalmannschaft immerhin bemüht ist, bei der Weltmeisterschaft in Brasilien für positive Schlagzeilen zu sorgen. Nun ist also auch Franz Beckenbauer, „Lichtgestalt“ des Fußballs seit fast 50 Jahren, Vorbild der Jugend und der deutsche Super-Promi schlechthin, ins Zwielicht geraten.

Nicht erst seit vergangener Woche, als er seine Probleme mit der Fifa-Ethikkommission samt der verhängten Sperre süffisant weglächeln wollte ("Aprilscherz"); sondern eigentlich seit Jahren schon. Es wurde halt nie groß thematisiert, denn Beckenbauer, "der einzige Deutsche, der jeden Dünnschiss labern darf" (Sportjournalist Oliver Welke ), hatte Narrenfreiheit. Damit könnte es nun vorbei sein.

Zwar hat der "Kaiser" gestern noch die Kurve gekriegt, indem er nun doch die Fragen des Fifa-Korruptionsermittlers Michael Garcia beantworten will. Doch der Schaden ist bereits eingetreten. Nun schaut die Öffentlichkeit genauer hin und bemerkt mit Staunen, dass der Münchner Schlawiner nicht nur im Werbe- und Mediengeschäft aktiv ist. Wenn ein Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees geheim über die WM-Vergabe nach Russland (2018) und Katar (2022) abstimmt, danach für eine Hamburger Reederei im Scheichtum Katar aktiv wird und die Opfer des brutalen Kafala-Systems verhöhnt, um schließlich noch vom russischen Staatsunternehmen Gazprom als "Sportbotschafter" engagiert zu werden - da würde man schon gerne wissen, welche Interessen im Spiel sind. Ein Geschmäckle, das ist schwer zu bestreiten, wird wohl bleiben. Auch wenn Franzls Freunde wie Ex-Präsident Theo Zwanziger oder "Bild"-Redakteure ihm Ehrenkränze flechten.

Apropos Zwanziger: Das verbale Tackling des früheren DFB-Chefs gegenüber seinem Nachfolger Wolfgang Niersbach ist an Peinlichkeit schwer zu überbieten. Selbst wenn Zwanzigers Vorwürfe zutreffen sollten, wofür einiges spricht, sind sie außerordentlich schlecht getimt. Während einer laufenden Weltmeisterschaft hat die Mannschaft Anspruch auf Aufmerksamkeit, nicht die Funktionäre. Wie es aussieht, tragen "Jogis Jungs" nun noch mehr Verantwortung: Wenn sie siegen, weicht die Sonne des Erfolgs womöglich auch alte Verhärtungen auf. Spielt das Nationalteam aber ein schlechtes Turnier, dann werden Schuldige gesucht und die Konflikte im Umfeld brechen erst richtig auf. Nicht nur die korrupte Fifa muss sich und ihr Selbstverständnis hinterfragen, auch der DFB und der steuersparende "Kaiser" aus Kitzbühel sollten dies tun.

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