Ein Start mit Vertrauensverlust

Berlin. Die Deutsche Islamkonferenz ist eine sensible Veranstaltung. Sowohl ihr Architekt Wolfgang Schäuble als auch sein Nachfolger Thomas de Maizière (beide CDU) wählten Formulierungen daher stets mit Bedacht. Die beiden früheren Bundesinnenminister gewannen dadurch für die CDU Ansehen unter den Muslimen

Berlin. Die Deutsche Islamkonferenz ist eine sensible Veranstaltung. Sowohl ihr Architekt Wolfgang Schäuble als auch sein Nachfolger Thomas de Maizière (beide CDU) wählten Formulierungen daher stets mit Bedacht. Die beiden früheren Bundesinnenminister gewannen dadurch für die CDU Ansehen unter den Muslimen. Der neue Innenminister und Leiter der Islamkonferenz, Hans-Peter Friedrich (CSU), ist hingegen gleich knallig ins Thema eingestiegen. Der Islam gehöre nicht zu Deutschland, verbreitete er zum Amtsantritt. Bei der nächsten Sitzung der Islamkonferenz morgen wird wohl zunächst einmal zerbrochenes Porzellan gekittet werden.Die muslimischen Verbände reagierten auf die Äußerung Friedrichs empört. Schäuble und Bundespräsident Christian Wulff hatten zuvor betont, der Islam gehöre zu Deutschland. Ausgerechnet so kurz vor der nächsten Plenarsitzung der Islamkonferenz sagt dann der neue Innenminister das Gegenteil. "Wem sollen wir glauben?" fragt der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat. Und der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) zog am Wochenende gar die Eignung Friedrichs als Chef der Islamkonferenz in Zweifel. Vielleicht wäre die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), besser geeignet, gab er zu bedenken.

Kolat hofft in der Plenarsitzung morgen auf versöhnende Worte des Ministers. Eine Diskussion über Sinn und Zweck der Veranstaltung wolle er sich gerne ersparen. Wichtig sind seiner Ansicht nach die Untersuchungen zu Antisemitismus und Extremismus unter Muslimen sowie zur Islamfeindlichkeit in Deutschland, die vorgelegt werden sollen. Wenn es Friedrich in diesem Wahljahr aber vor allem darum gehe, bestimmte Stimmungen in der Gesellschaft aufzugreifen, sei das gefährlich.

Friedrich hat sich bereits mit Vertretern einiger muslimischer Verbände getroffen. Er finde es schade, dass seine Äußerungen kurz nach der Amtsübernahme Anfang März dazu benutzt worden seien, einen Keil zu treiben zwischen die Muslime und ihn, sagte er gestern im Deutschlandfunk. Er sei dazu da zusammenzuführen: "Und ich möchte das auch bei der Islamkonferenz deutlich machen."

Für den CSU-Mann ist es eine Selbstverständlichkeit, die Prägung Deutschlands durch die christlich-abendländische Kultur zu betonen. Eine landeskundliche Fortbildung der Imame ist für den neuen Innenminister ganz wesentlich. Dass nur rund 20 Prozent der Muslime in Deutschland sich als religiös einstufen, also nur ein Bruchteil durch Imame erreicht wird, übersieht er dabei. Die Islamkonferenz, zu der 2006 erstmals eingeladen worden war, wurde von Anfang an von der Bundesregierung als Instrument für die Integration der vier Millionen Muslime in Deutschland betrachtet. Im Mittelpunkt stehen in dieser Legislaturperiode die Ausbildung von Imamen, der islamische Religionsunterricht, Fragen der Geschlechtergerechtigkeit und die Abgrenzung von Islam und Islamismus.

Dem letzten Punkt wird Friedrich mehr Gewicht verleihen, als es seine Vorgänger getan haben. Mitte März kündigte Friedrich eine "Sicherheitspartnerschaft" mit den muslimischen Organisationen zur Bekämpfung von islamistischer Gewalt an. Mit Unterstützung der Islamkonferenz wolle er diese Initiative auf den Weg bringen, kündigte er an.

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