Ein Entertainer, ein Despot und die Magie des Sports

Washington · Als Dennis Rodman seinen ersten Memoirenband präsentierte, trug er ein weißes Brautkleid und bemerkte spöttisch, er habe Tage gebraucht, um eine Robe in seiner Größe zu finden. Seine Erkennungszeichen sind grell gefärbte Haare, großflächige Tattoos und fünf Piercing-Ringe, je zwei in Ohrläppchen und Nasenlöchern und einer zur Zierde der Unterlippe.

Dennis Rodman, der Exzentriker.

Eine Zeit lang war er mit der Pop-Ikone Madonna liiert, später ließ er sich in Las Vegas mit der Schauspielerin Carmen Electra vermählen, die Ehe hielt aber nur knapp sechs Monate. Rodman, 2,01 Meter lang und mit enormer Sprungkraft gesegnet, war einmal ein herausragender Basketballer. Zweimal kürte ihn die Profiliga NBA zum Defensivspieler des Jahres, seine Karriere führte von Detroit über San Antonio, Chicago, Los Angeles nach Dallas. Heute sagt er von sich: "Ich bin Trendsetter, Entertainer, der wilde Bursche vom Dienst."

Seinen neuesten Coup landet er heute in Pjöngjang. Dort trifft ein amerikanisches Altherren-Team, Durchschnittsalter 48, auf eine Auswahl Nordkoreas. Rodman versteht das Match als Geburtstagsgeschenk für Kim Jong Un, den jungen Machthaber des abgeschotteten Landes, den er einen Freund fürs Leben nennt. "Das ist, als würde man sich mit Hitler zum Lunch treffen", zürnt Eliot Engel, Abgeordneter im US-Kongress. Es gebe Dinge, die tue man einfach nicht. Andere fordern Rodman auf, kontroverse Themen anzuschneiden, doch der kontert: "Ach was, zum Geburtstag redest du nicht über Gefangenenlager, da redest du nicht über politische Säuberungen."

Immerhin, Rodman dürfte der einzige Amerikaner sein, der den rätselhaften Despoten persönlich kennt. Zwar betont das Weiße Haus, der 52-Jährige sei strikt in eigener Mission unterwegs. Dass aber die Regierung die Kontakte nicht nutzt, um mehr über Kim zu erfahren, kann sich auch keiner vorstellen. "Ruf mich an, Obama. Ich habe Insiderwissen", sagte Rodman schon vor Monaten. Und selbst seine Kritiker finden es positiv, wenn ein nordkoreanisches Publikum amerikanische Gäste als durchaus sympathische Zeitgenossen erlebt und nicht als die Kriegstreiber des Propaganda-Klischees.

Dreimal war der Hüne im vorigen Jahr in Kims Reich gereist. Begonnen hatte es eher zufällig, als der Medienkonzern Vice anregte, die berühmte Basketball-Showtruppe "Harlem Globetrotters" für eine Charme-Offensive nach Pjöng jang zu schicken. Als die potenziellen Gastgeber zögerten, schob Vice ein Bonbon hinterher: das Angebot, eine der Legenden der "Chicago Bulls" mitzunehmen. Für sie hat die Familie Kim eine ausgeprägte Schwäche. Die Wahl fiel auf Rodman. Im Februar saß er dann so angeregt plaudernd neben Kim Jong Un auf der Tribüne, als wären die beiden alte Bekannte. Beeindruckt von der Publicity spannte der irische Buchmacher Paddy Power den Paradiesvogel als Werbeträger ein. Und so fuhr Rodman vor der Papstwahl im nachgebauten Papamobil durch Rom, um die Leute zu ermuntern, auf einen schwarzen Pontifex zu wetten. Von Paddy Power stammt übrigens auch die Idee, Kim mit einer Partie Basketball zu gratu lieren.

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