Schlagzeilenmaschine CSU lenkt alle Blicke auf Kreuth

München · Wer seit Weihnachten die innenpolitischen Schlagzeilen in Deutschland verfolgt hat, könnte auf die Idee kommen, dass es außer der CSU keine bedeutenden Parteien im Lande gibt. Während sich die anderen dem Weihnachtsfrieden hingaben, produzierten die Christsozialen im Vorfeld der heute beginnenden Kreuther Klausur einen Aufreger nach dem anderen.

Weniger Wohlmeinende sprechen von Krawall.

Wochenlang bestimmte die CSU die innenpolitische Debatte mit ihrer Forderung nach Maßnahmen gegen Sozialmissbrauch durch Armutsflüchtlinge. Damit zielten die Christsozialen gleich auf zwei anstehende Wahlen, nämlich auf die Europa- und die bayerischen Kommunalwahlen. Bei den Kommunen nämlich schlagen die Armutsflüchtlinge aus Bulgarien und Rumänien auf, so sie überhaupt kommen. Mangels Zahlen sei das Ganze eine Geisterdiskussion, merkte der CSU-Landtagsabgeordnete und Integrationsbeauftragte Martin Neumayer an. Auch diese Kritik aus den eigenen Reihen hat bei der CSU Sinn und Tradition. Opposition sei zu wichtig, um sie den Sozialdemokraten oder anderen zu überlassen, merkte schon Franz Josef Strauß an.

Um die Debatte in Kreuth, wo sich ab heute die CSU-Landesgruppe im Bundestag und ab 14. Januar die CSU-Landtagsfraktion trifft, thematisch weiter anzureichern, legte Bayerns frischgebackene Wirtschaftsministerin Ilse Aigner am Wochenende auch noch einen Vorschlag zur Senkung der Strompreise durch Zwischenfinanzierung auf Pump vor. Außerdem erweckte Parteichef Horst Seehofer sehr zum Ärger des sozialdemokratischen Koalitionspartners den Anschein, dass man den vereinbarten gesetzlichen Mindestlohn nicht so ernst nehmen sollte.

Parallel dazu ließ der neue Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt Details zur geplanten Pkw-Maut durchsickern. Und für die Freunde von Sittsamkeit und Ordnung ließ sich die CSU noch die Forderung nach einem Verbot der Prostitution unter 21 Jahren einfallen. Über die Qualität der Vorstöße lässt sich streiten, aber nicht über den Einfallsreichtum der Christsozialen, die nun schon über Wochen die innenpolitische Diskussion dominieren. Es musste auch etwas getan werden, um die Landesgruppenklausur in Kreuth interessant zu machen. Denn seit der Ausrufung der Kanzlerkandidatur von Edmund Stoiber im Jahr 2002 gingen von Kreuth keine politischen Donnerschläge mehr aus, was die CSU-Landesgruppe betrifft. Bei den Landtagsabgeordneten war das anders: Sie kippten 2007 Stoiber aus dem Amt.

Den offenbar unauslöschlichen Mythos von Kreuth aber begründete Franz Josef Strauß im Jahre 1976, als er die Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU verkündete. Der Kreuther Trennungsbeschluss wurde zwar nie vollzogen, dennoch strömen seither die Medienvertreter im Januar jedes Jahres in das Tegernseer Hochtal in der Erwartung, ähnlich Spektakuläres berichten zu können.

Nach Palastrevolution in der 1818 von König Max I von Bayern errichteten prächtigen "Badeanstalt Wildbad Kreuth" sieht es im Jahr 2014 aber nicht aus. Parteichef Seehofer sitzt nach den Erfolgen bei den zurückliegenden Bundes- und Landtagswahlen fest im Sattel und verfolgt die Profilierungsbemühungen seiner zahlreichen möglichen Nachfolger nicht ohne Vergnügen.

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