Drogen-Mafia auf Entzug

Meinung · Beim Wort Krieg denken die Menschen an Afghanistan und den Irak. Kaum weniger blutig als die Konflikte in diesen Ländern ist der mörderische Kampf der Kartelle um das Drogengeschäft in Mexiko. Im Schnitt 18 Menschen sterben dort pro Tag im Kugelhagel rivalisierender Banden. Der militärische Kampf, den Präsident Calderón erklärt hat, ist blutig und aussichtslos

Beim Wort Krieg denken die Menschen an Afghanistan und den Irak. Kaum weniger blutig als die Konflikte in diesen Ländern ist der mörderische Kampf der Kartelle um das Drogengeschäft in Mexiko. Im Schnitt 18 Menschen sterben dort pro Tag im Kugelhagel rivalisierender Banden. Der militärische Kampf, den Präsident Calderón erklärt hat, ist blutig und aussichtslos. Genauso wie der "Krieg gegen die Drogen", den schon Präsident Richard Nixon ausrief, und den die USA seit 40 Jahren mit riesigem Aufwand an Geld, Polizei und Militär erfolglos führen - eine Niederlage. Die Sucht nach Heroin und Kokain ist nicht nur für jährlich über 1300 Tote in Deutschland (19 im Saarland) verantwortlich. Sie ist Schmiermittel für Kriminalität auf den Straßen, treibt Menschen in die Prostitution. Sie finanziert mafiöse Strukturen, die Staaten befallen. In Afghanistan nährt sie den Terror. Zu Recht hat der Grüne Tom Koenigs jetzt unseren Umgang mit harten Drogen infrage gestellt. Konservative mögen seinen Appell für eine Freigabe von Heroin und Kokain für die Flausen eines Alt-Achtundsechzigers halten. Sie sollten Milton Friedman lesen. Der Ökonomie-Nobelpreisträger und Vordenker Ronald Reagans forderte dies schon vor 40 Jahren. Der Zusammenhang ist einfach: Erst das Verbot, die Verknappung der Drogen schafft jene astronomischen Margen, die zwischen den Mohnfeldern Afghanistan und den Straßen Frankfurts zu erzielen sind. Sie sind eine Prämie für kriminelles Risiko. Das Verbot nutzt den Verbrechern. Sie brauchen es wie Süchtige den Stoff. Wer die Drogen freigibt, setzt die Mafia auf Entzug. Natürlich soll man Heroin und Kokain nicht wie Kaugummi kaufen können. Es geht um die staatlich kontrollierte Abgabe zu einem Preis, der das Geschäft illegaler Importeure unattraktiv macht. Der Einwand, ohne Kriminalisierung sinke die Hemmschwelle für Erstkonsumenten, hat Gewicht. Aber: Ohne Drogendealer entfiele dafür das gezielte Anwerben und Anfixen in der Szene. Und natürlich müssen die Milliarden, die beim Kampf gegen illegale Drogen frei werden, in Aufklärung und Therapie gesteckt werden. Immerhin gibt es Bewegung: In Deutschland werden Drogen-Konsumenten inzwischen eher als Kranke denn als Kriminelle angesehen. Der Bundestag hat zudem erst kürzlich den Weg für die Abgabe künstlichen Heroins an langjährige Schwerstabhängige unter strikten Auflagen freigemacht. Das erlaubt ihnen ein halbwegs normales Leben - und nimmt den Dealern wenigstens diese Kunden. Die Industriestaaten sollten ihnen ihr Geschäft ganz vermiesen. Dann hört auch das Morden in Mexiko auf.

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