Eine Frage der Ehre

Meinung · Was sich nunmehr seit Monaten schon bei den saarländischen Liberalen abspielt, ist bizarr. Eine Mixtur aus Tragödie und Posse

Was sich nunmehr seit Monaten schon bei den saarländischen Liberalen abspielt, ist bizarr. Eine Mixtur aus Tragödie und Posse. Hatten die Vorgänge um die Macht in der liberalen Stiftung "Villa Lessing" am Anfang trotz aller politischen Brisanz noch halbwegs unterhaltenden Charakter, so ist die Anzeigen-Affäre, in deren Zentrum der Fraktionsvorsitzende Horst Hinschberger steht, längst zur Krise der FDP - und zur Belastung der Jamaika-Koalition geworden. Parteichef Christoph Hartmann hat es bislang nicht vermocht, die brodelnden Konflikte in der FDP-Spitze zu lösen oder auch nur zu beruhigen. Im Gegenteil: Durch sein zögerliches Verhalten, das auf Befangenheit schließen lässt, hat er sich selbst zur Zielscheibe der Kritik gemacht. Was ist von einem Vorsitzenden zu halten, dessen Einfluss offenbar nicht ausreicht, um eine Vernunftlösung zu organisieren? Und der sich von seinem eigenen Ziehvater (Werner Klumpp) den Vorwurf gefallen lassen muss, führungsschwach zu sein?Mittlerweile ist klar: Was Hinschberger mit seiner Anzeige gegen ehrenwerte Parteifreunde an Vertrauen zertrümmert hat, lässt sich nicht mehr kitten. Es ist keine juristische Frage mehr, auch keine politische. Es ist eine Frage der Ehre geworden, welche nur mit jener Konsequenz beantwortbar ist, die immer mehr Liberale als einzigen Ausweg aus dem Dilemma sehen: Hinschbergers Rücktritt vom Fraktionsvorsitz. Dass dieser sich gegen das jähe Ende seiner noch jungen Karriere sträubt, ist zwar nachvollziehbar. Aus parteiinternen Gründen aber scheint der Schritt unausweichlich.Die jetzt diskutierte Paketlösung ist der richtige Ansatz. Hobby-Fußballer Hartmann wäre in der Tat gut beraten, auf eine Position zu wechseln, die seinen Fähigkeiten besser entspricht: den Fraktionsvorsitz. Im Wirtschaftsministerium könnte er damit den Weg frei machen für den kompetenten IHK-Geschäftsführer Volker Giersch, der nicht nur in der Saar-Wirtschaft hoch geschätzt wird. Eine Variante zudem, von der alle Seiten - die FDP, die Koalition und das Saarland - gleichermaßen profitieren könnten - und die dem Vernehmen nach auch auf Wohlwollen in der CDU stößt. Gewiss wird Hartmann der Verzicht auf Ministerwürden schwerfallen. Doch anders als er wahrzunehmen bereit ist, würde ihn dieser Wechsel politisch nicht schwächen, sondern stärken. Mit dem positiven Nebeneffekt, dass die zerstrittenen Liberalen endlich befriedet werden könnten - und sich die Saarländer nicht mehr fremdschämen müssten für eine Regierungspartei, die bisher ein Bild des Jammers abgegeben hat.

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