Leitartikel Die AfD will besser sein als andere – ist es aber nicht

Das kommt nicht von ungefähr. Die Umfragewerte der AfD sinken. Und wenn die Partei mit den vielen Vorwürfen, die mittlerweile gegen sie erhoben werden, weiter so umgeht wie bisher, könnte sich der Niedergang verstetigen.

Leitartikel: Die AfD will besser sein als andere – ist es aber nicht
Foto: SZ/Robby Lorenz

Die Wähler merken doch auch, dass das selbst verliehene Image der Saubermänner und -frauen der Wirklichkeit zunehmend nicht entspricht. Es zerbröselt. Die AfD, die gerne über die etablierten Parteien schimpft, ist nicht besser als alle anderen. Sondern offenkundig schlimmer.

Sollten sich die jüngsten Recherchen verschiedener Medien zu Russland-Verbindungen von AfD-Politikern im Allgemeinen und eines Abgeordneten im Speziellen bewahrheiten, nämlich ein willfähriger Helfer Moskaus im deutschen Parlament zu sein, dann ist das ein Skandal erster Güte. Das darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Darauf muss mindestens der Bundestag reagieren. Dieser Vorgang ist aber nicht die einzige Angelegenheit, die der „Alternative“ derzeit zu Recht auf die Füße fällt.

Auch die Spendenaffäre der Fraktionschefin Alice Weidel und des Vorsitzenden Jörg Meuthen ist noch lange nicht ausgestanden. Unregelmäßigkeiten in der staatlichen Parteienfinanzierung sind keine Petitesse, sondern ein schwerwiegender Rechtsverstoß. So zu tun, als sei alles ein großes Missverständnis, gar ein Anfängerfehler, ist der Versuch, die Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen. Jedenfalls kümmert die Partei sich dann intensiv um das Spendenthema, wenn andere davon betroffen sind. Dadurch verfestigt sich freilich der Eindruck, dass es auch der AfD nur um die Macht und das eigene Wohlergehen geht. Dabei wollte man doch eigentlich die nächste Stufe erklimmen: Weg von der reinen Protest-Partei hin zu einer, der man auch vertrauen kann. Doch das ist mehr Wunsch als Wirklichkeit. Davon ist die AfD immer noch meilenweit entfernt. Belegen lässt sich dies mit Beispielen: Über das Politprinzip der Provokation ist man nicht hinausgekommen. Es nutzt sich aber spürbar ab. Inzwischen erregt es in der öffentlichen Wahrnehmung längst nicht mehr das Aufsehen wie zu Beginn der Legislaturperiode. Die AfD wird stattdessen zusehends dafür belächelt. Darüber hinaus: Beim Thema Klimaschutz, das die junge Generation zu Tausenden auf die Straße treibt, ist die Partei weiterhin als Leugner unterwegs. Den harten Kern der Wählerschaft kann man damit vielleicht noch überzeugen, aber niemanden sonst. Und nimmt man die europäischen Überlegungen ins Visier, schwebt über allem das Gedankenspiel eines „Dexits“, eines Austritts Deutschlands aus der Europäischen Union. Angesichts des Brexit-Chaos’ haben die meisten Menschen allerdings begriffen, dass das Verlassen der EU mehr Schaden als Nutzen bringt.

Die Prüfung durch den Verfassungsschutz, die heftigen Flügelkämpfe zwischen den eher Gemäßigten und der extremen Rechten in der Partei kommen noch hinzu. Gut möglich ist es daher, dass die AfD bei der Europawahl schon eine Quittung erhält – und das käme dann nicht von ungefähr.

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