China greift nach Rohstoffen Afghanistans

Peking. Es war beim Staatsbankett, die offiziellen Gespräche waren längst gelaufen, als Chinas Präsident Hu Jintao seinem Gast noch beiläufig eine wichtige diplomatische Botschaft mit auf den Weg gab. "Es gibt keine Alternative zu Hamid Karsai", erklärte Hu Mitte Mai dem deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler, der in China seine letzte dienstliche Auslandsreise absolvierte

Peking. Es war beim Staatsbankett, die offiziellen Gespräche waren längst gelaufen, als Chinas Präsident Hu Jintao seinem Gast noch beiläufig eine wichtige diplomatische Botschaft mit auf den Weg gab. "Es gibt keine Alternative zu Hamid Karsai", erklärte Hu Mitte Mai dem deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler, der in China seine letzte dienstliche Auslandsreise absolvierte. In einer Zeit, da westliche Regierungen aus ihren Problemen mit Afghanistans Präsidenten kaum noch einen Hehl machten, wollte Peking keine falschen Hoffnungen aufkommen lassen, man werde sich an einer Demontage des umstrittenen Staatschefs in Kabul beteiligen.Hu hat allen Grund, Karsai die Treue zu halten. Unter seiner Herrschaft ist Afghanistan für China von einem Sorgennachbarn zu einem lukrativen Markt geworden. Im Gegenzug für finanzielle Unterstützung und Hilfe beim Infrastrukturaufbau hat Kabul Pekings Staatskonzernen die Rechte an wichtigen Rohstoffvorkommen in Aussicht gestellt. 2008 erhielt ein chinesisches Konsortium bereits den Zuschlag für den Abbau der Aynak-Kupfermine südlich der afghanischen Hauptstadt. Die Förderung soll in drei bis vier Jahren beginnen und Afghanistans Regierung umgerechnet 3,6 Milliarden Euro einbringen. Auch im internationalen Wettbieten um die Eisenerz-Mine Hajigak, die bis zu fünf Milliarden Euro wert sein soll, rechnet China sich gute Chancen aus. An Afghanistans Öl- und Gasvorkommen hat die Volksrepublik ebenfalls aktives Interesse bekundet. Dazu passt die Nachricht von Anfang der Woche: US-Forscher vermuten in der Erde Afhanistans Lithium und andere Metallvorkommen im Wert von knapp 1000 Milliarden Dollar (813 Milliarden Euro).Pekings Engagement im Afghanistan ist typisch für die chinesische Außenpolitik: Die Sicherung von Ressourcen in anderen Ländern hat für Chinas Diplomaten höchste Priorität. Denn das bevölkerungsreichste Land der Erde verfügt selbst bloß über wenige Rohstoffe und kann seinen Wirtschaftsboom nur aufrecht erhalten, indem es sich im Ausland Zugänge zu Erzen und Energieträgern zukauft. Wo immer neue Minen, Öl- oder Gasfelder erschlossen werden, bieten die chinesischen Staatsbetriebe mit, und da sie Zugang zu Chinas gewaltigen Devisenreserven von über 2000 Milliarden Dollar (über 1600 Milliarden Euro) haben, spielt Geld meist keine Rolle. Da Chinas Gebote in Industrienationen wie Australien, den USA oder Kanada dennoch wiederholt auf politische Vorbehalte stoßen, bemüht sich Peking besonders um Länder, mit denen der Westen nur ungern Geschäfte macht, etwa mit Simbabwe, dem Sudan und anderen afrikanischen Diktaturen, mit dem Iran, Nordkorea oder Venezuela. Dass Peking keinerlei Ambitionen hat, politischen Einfluss zu nehmen, macht es für Herrscher mit zweifelhafter Legitimation attraktiv, mit den Chinesen zu kooperieren. Häufig bietet die Volksrepublik ihren Geschäftspartnern sogar politische Rückendeckung in internationale Gremien. Unter anderem hat Peking als Vetomacht im UN-Sicherheitsrat schon mehrfach Sanktionsforderungen gegen den Iran oder Nordkorea verhindert oder zumindest abgeschwächt. Außerdem bezahlt die Volksrepublik ihre Rohstoffe auch mit Entwicklungsleistungen wie Straßen, Eisenbahnen oder Telekommunikationsnetzen und bringt die Arbeiter dafür oft sogar selbst mit. Westliche Länder haben da zunehmend das Nachsehen.

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