Karsai kritisiert Anti-Terror-Kampf in Afghanistan

München. Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat dem Westen wegen des Einsatzes in seinem Land schwere Vorwürfe gemacht. Dem Anti-Terror-Kampf mangle es an einer nachvollziehbaren Strategie, sagte Karsai der "Süddeutschen Zeitung" in einem Gespräch. "Der Westen hat nicht die Rückzugsgebiete der Terroristen bekämpft, nicht ihre Trainingscamps", beklagte er

München. Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat dem Westen wegen des Einsatzes in seinem Land schwere Vorwürfe gemacht. Dem Anti-Terror-Kampf mangle es an einer nachvollziehbaren Strategie, sagte Karsai der "Süddeutschen Zeitung" in einem Gespräch. "Der Westen hat nicht die Rückzugsgebiete der Terroristen bekämpft, nicht ihre Trainingscamps", beklagte er. Das eigentliche Problem liege im Nachbarland Pakistan und sei nicht angegangen worden.Auch bemängelte Karsai, dass seine Regierung vom Westen respektlos behandelt worden sei. "Wir möchten, dass diese Beziehungen besser funktionieren, wir möchten wie Verbündete behandelt werden, nicht wie ein Gegenstand", sagte der afghanische Präsident. "Ich war im Umgang mit dem Westen zu nachsichtig. Ich hätte härter sein sollen", sagte er im Rückblick. Sein Land wolle keine Beziehung, die auf Ausnutzung basiere.

Die Chancen, bis zum Abzug des Westens mit den Taliban einen Friedensschluss zu erreichen, sind aus Sicht des Präsidenten gering. Karsai sagte, seine Regierung habe sporadische Kontakte mit den Islamisten, es gebe jedoch keine Verhandlungen. "Ich möchte, dass wir uns mit ihnen zusammensetzen und die Probleme lösen." Er rief die Taliban auf, die Waffen niederzulegen und sich am politischen Prozess zu beteiligen. Zudem kritisierte Karsai westliche Staaten, den Wiederaufbau seines Landes nur schleppend voranzutreiben und Korruption zu begünstigen. Er räumte ein, dass auch die afghanische Regierung korrupt und Bestechlichkeit in Afghanistan so verbreitet sei wie in anderen Ländern der Region. Dennoch tue er viel gegen die "Korruptionsflut". Sie werde im Übrigen durch den Westen begünstigt. "Mehr Korruption kommt aus dem Westen, aus den Verträgen und dem nicht gehaltenen Geld", sagte Karsai.

Der Paschtune war im Jahr 2001 kurz nach dem Sturz des Islamisten-Regimes zunächst Übergangspräsident Afghanistans. 2004 und 2009 wurde er im Amt bestätigt. 2014 endet seine Amtszeit, zugleich zieht der Westen seine Kampftruppen ab. Er werde nach der Wahl "ein Ex-Präsident sein", der nicht ins Exil gehen, sondern bleiben wolle, sagte Karsai über Mutmaßungen, er wolle sich im Amt halten. Oppositionsführer Abdullah Abdullah hatte Karsai vorgeworfen, Afghanistan ins Chaos stürzen zu wollen, um länger an der Macht zu bleiben. dapd/afp

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort