Debatte über Exit-Strategie aus der Corona-Krise Nur keine falschen Hoffnungen machen

Gut zwei Wochen sind jetzt überall Schulen und Läden dicht. Gerade mal eine Woche ist seit den Beschlüssen von Bund und Ländern zum Kontaktverbot, zu kompletten Restaurantschließungen und zu den weitreichenden Ausgehbeschränkungen für die Menschen vergangen.

 Hagen Strauss

Hagen Strauss

Foto: SZ/Robby Lorenz

Eine Woche, in der die meisten Bundesbürger dann auch gezeigt haben, dass sie sich an die Regeln halten. Es sind aber Zeiträume, die für die Bekämpfung einer Pandemie nicht mehr als der berühmte Wimpernschlag sind.

Vorsicht also. Die Politik ist gerade dabei, den Bürgern womöglich falsche Hoffnungen zu machen. Allen voran Teile der Opposition sowie die Vertreter der Wirtschaftsflügel einzelner Parteien. Noch hat die Corona-Krise nicht ihren Höhepunkt erreicht, im Gegenteil. Laut Gesundheitsminister Jens Spahn herrscht Ruhe vor dem Sturm. Unklar ist, ob die getroffenen Maßnahmen und gravierenden Einschränkungen so bremsend wirken wie erhofft. Das weiß man wohl erst nach Ostern. Deswegen darf die Debatte über eine Exit-Strategie keineswegs jetzt den Eindruck vermitteln, als ob das Schlimmste bereits überstanden wäre. Es gilt, sie mit viel Bedacht, Zurückhaltung und Realitätssinn zu führen. Mit Ehrlichkeit. Denn ansonsten entsteht der fatale Eindruck, wirtschaftliche Interessen stehen doch über der Gesundheit der Menschen.

Die Debatte ist gleichwohl berechtigt, wie lange sich ein Land wie Deutschland den „Shutdown“ leisten kann. Um die Folgen der Corona-Krise abzumildern, sind gerade erst wirtschaftliche Hilfspakte von gigantischem finanziellem Ausmaß auf den Weg gebracht worden. Auch deren Wirkung muss sich erst entfalten. Freilich ändert das nichts daran, dass viele Menschen im Home Office oder in vorsorglicher Quarantäne den Zustand immer unerträglicher empfinden. Erst recht jene, denen von heute auf Morgen durch das Virus Arbeit und Einkommen weggebrochen sind. Sie können eine Normalisierung des Alltags, des sozialen, gesellschaftlichen, gerade auch des wirtschaftlichen Lebens kaum noch erwarten. Die Sehnsucht wächst. Das kann man niemandem verübeln. Dadurch wird die Debatte über die Exit-Strategie zusätzlich beflügelt.

Das Problem ist nur, keiner kann verlässlich derzeit sagen, wann es soweit sein wird. Und deswegen erübrigen sich auch zum jetzigen Zeitpunkt Signale wie die des Kanzleramtschefs, die Jungen dürften zuerst wieder vor die Tür, Ältere müssten weiter in häuslicher Quarantäne bleiben. Solche Aussagen mögen einem Teil der Menschen Mut machen wollen, wirken aber befremdlich für jene, die zurückstecken sollen.

Notwendig sind klare und transparente Maßstäbe, an denen gemessen werden kann, wann eine Lockerung für wen möglich ist und wie die Abwägung in dieser Frage erfolgt. Je nach weiterem epidemiologischem Verlauf der Seuche. Angesichts der vielen Ungewissheiten bei der Ausbreitung fehlen diese Normen noch. Schritt für Schritt dürfte dabei aber wohl das Motto lauten, vor und eventuell auch wieder zurück. Wenn es eine Exit-Strategie gibt, dann darf sie jedenfalls keine falschen Hoffnungen wecken.

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