Flügel-Auflösung Keine echte Abgrenzung zu Rechtsextremisten in der AfD

Ein Parteiflügel verschwindet nicht einfach, weil es jemand befiehlt. Das ist bei keiner Partei so, das geschieht jetzt auch nicht mit dem rechtsextremen „Flügel“ der AfD. Was verschwindet, ist nur die offizielle Struktur: ein Büro, eine Website, ein Spendenkonto.

 Werner Kolhoff

Werner Kolhoff

Foto: SZ/Robby Lorenz

Nicht die Ideologie. Und nicht die Leute.

Schon der Beschluss des AfD-Bundesvorstandes war ein Muster ohne Wert. Hätte er es ernst gemeint mit der Abgrenzung zu den eigenen Rechtsextremisten, er hätte die „Flügel“-Anführer Björn Höcke und Andreas Kalbitz aus der Partei geworfen. Und einige andere, darunter die schlimmsten Hetzer wie die Abgeordneten Stephan Brandner, Jens Maier und Gottfried Curio. Das wäre ein Zeichen gewesen. Doch man wählte die mildeste Variante: Der „Flügel“ möge sich selbst auflösen.

Selbst das war kein Beschluss aus Einsicht. Die AfD hat schlichtweg Angst, dass die letzte Woche verkündete Überwachung der Gruppe durch den Verfassungsschutz und ihre Einstufung als rechtsextrem sie Mitglieder und Geldgeber kosten kann. Denn Soldaten und Polizisten, überhaupt alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die mit dem „Flügel“ liebäugeln, müssen nun Konsequenzen fürchten.

Dass Höcke dem Aufruf zur Selbstauflösung seiner Gruppierung scheinbar widerstandslos folgt, hat einen einfachen Grund: Es fällt ihm leicht. Die 7000 Leute, die seiner Strömung angehören, bleiben ihm ja erhalten. Auch die Delegierten auf Parteitagen. Es wird zwar etwas größere Koordinierungsschwierigkeiten geben, auch fehlt die wohlige nationale Wärme der jährlichen Kyffhäusertreffen. Aber das alles braucht Höcke nicht wirklich. Er und die anderen Vertreter der ostdeutschen Landesverbände, die „Flügel“-dominiert sind, sowie einige Anhänger im Westen haben den Kurs der Partei bereits genug geprägt. Und sie haben so viel Macht, dass sie jeden Parteitag dominieren können. So geschehen im Dezember in Braunschweig, als bei den Wahlen alle abgestraft wurden, die einst Höckes Parteiausschluss wegen der „Denkmal-der-Schande“-Rede gefordert hatten.

Dass Alexander Gauland Höcke schon in der „Mitte“ der Partei verortet, spricht Bände. Die Relativierung der NS-Geschichte, der Schulterschluss mit Pegida, Identitären und anderen außerparlamentarischen Gruppen sowie die fast schon systematische Hetze gegen Medien, Parteien und Staat sind längst kein Randphänomen mehr in der AfD. Die Partei, die Grenzschließungen so liebt, könnte hier mal eine vornehmen. Sie will es aber nicht, weil sie fürchtet, dann Wähler zu verlieren. Keinen ausgrenzen, keine „normale“ Partei werden, sich nicht an die Sprache und die Spielregeln der anderen halten, das war vor fünf Jahren das Gründungsmotiv des „Flügels“. Es ist inzwischen Parteilinie geworden, wie man fast jeden Tag bei Alice Weidel, Jörg Meuthen oder Alexander Gauland hören kann. Sie reden nur nicht von „ausschwitzen“ wie Höcke, weil sie klüger und vorsichtiger sind. Der Verfassungsschutz wird dranbleiben müssen.

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