Auf der Suche nach dem eigenen Schatten

Saarbrücken · In der Jugendkirche eli.ja, einem vielversprechenden neuen Spielort der Saarbrücker Sommermusik in der Hellwigstraße, drehte sich am Freitag eine Installation um ein bekanntes Märchen von Adelbert von Chamisso.

"Songez au solide!" Diesen Ausspruch, übersetzt etwa "Bedenkt das Feste!", stellte der Schriftsteller, Weltreisende und Naturkundler Adelbert von Chamisso (1781-1838) der französischsprachigen Ausgabe seiner Erzählung "Peter Schlemihls wundersame Geschichte" (1814) voran - des Märchens von einem Mann, der dem Teufel seinen Schatten verkauft und den Rest seines Lebens als Naturforscher zubringt. Das Bemühen, des eigenen Schattens (wieder) habhaft zu werden, fand nun auch Eingang in die kontemplative Installation "Songez au solide!", in der ein deutsch-französisches Ensemble das botanische Interesse des Motto-gebenden Dichters der diesjährigen Saarbrücker Sommermusik multimedial kultivierte.

Dafür stützten sich Elodie Brochier (Objekte, Schattentheater, Rezitation, Gesang), Geoffroy Muller (Schauspiel, Video), Lucia Hahn und Françoise Fournelle (Choreografie mit Projektion) inhaltlich auf Chamissos Tagebuch "Reise um die Welt" (1815-1818): Textfragmente daraus führten, teils collagiert, am Freitag als roter Faden durch einen ebenso ätherischen wie erdigen Stationen-Garten. Worte dienten hier als poetische Vehikel einer globalen Exkursion, die zugleich eine Reise ins eigene Seelen-Labyrinth darstellte: geprägt von dem Bedürfnis nach Orientierung, Verwurzelung, Ordnung, dem Beobachten von Mutationen, Metamorphosen und Synchronizität und dem Ringen um Vereinigung und Abstoßung. Indem sie das Publikum seinerseits auf Erkundungstour schickten und ihm dabei Langmut abnötigten, machten die Performer den Taumel zwischen Unsicherheit und Erkenntnis im Kontrast von Schärfe und Unschärfe fühlbar.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort