50 Millionen Hektoliter im Jahr Italien bleibt trotz Krise Wein-Weltmeister

Rom · Die Corona-Pandemie verlangt den Winzern einiges ab. Doch viele gehen neue Wege – und setzen stärker auf den Export nach Übersee.

  Während Italiens Weinbauern ihre Erzeugnisse im eigenen Land nur schwer verkaufen konnten, ging der Export nur um 4,6 Prozent zurück.

Während Italiens Weinbauern ihre Erzeugnisse im eigenen Land nur schwer verkaufen konnten, ging der Export nur um 4,6 Prozent zurück.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Italiener läuten Weihnachten und Silvester gerne mit einem spritzigen Prosecco zum Anstoßen ein. Später – zum festlichen Nachtisch – gehört im größten Wein­erzeugerland der Welt, das jährlich rund 50 Millionen Hektoliter produziert, traditionell ein Gläschen Süßwein dazu. Kenner greifen dabei etwa zum Vin Santo, der aus der Toskana stammt.

Die beiden Fest-Getränke stehen für zwei sehr unterschiedliche Erzeugnisse: Massenware einerseits und teure, aufwendige Spitzenprodukte andererseits. Im Pandemie-Jahr 2020 musste Italiens Weinbranche auf die harte Tour lernen, für beides neue Wege zum Konsumenten zu finden. Denn Bars und Restaurants, wo die Flaschen sonst in schneller Folge geleert werden, schlossen wegen Corona seit März phasenweise komplett. Der enorm wichtige Export, der zuletzt gut 50 Prozent des Umsatzes ausmachte, geriet im Frühjahr ebenfalls ins Stocken.

Als mengenmäßiger Wein-Weltmeister ist Italien wegen der Virus-Krise unter Druck. Der Umsatz des Sektors liegt bei rund elf Milliarden Euro. Hauptabnehmer im Ausland sind die USA gefolgt von Deutschland.

„Die Lage ist ernst, aber nicht so dramatisch, wie manche im März und April befürchtet hatten“, sagt Giulio Somma vom Branchenverband Unione Italiana Vini. In der ersten Corona-Welle kursierten Alarmrufe über Absatzeinbrüche im hohen zweistelligen Bereich. Kurz vor Jahresende errechnete die internationale Wein-Organisation OIV bei der italienischen Produktion 2020 einen nur leichten Rückgang im Jahresvergleich auf gut 47 Millionen Hektoliter. Deutsche Winzer kamen danach auf knapp neun Millionen Hektoliter.

Beim Absatz zeigt sich ein geteiltes Bild, wie Fachmann Somma resümiert: Der Konsum in Italiens Gastronomie brach erwartungsgemäß massiv ein. Das schlägt doppelt zu Buche, weil in den Restaurants im Schnitt teurerer Wein mit höherer Qualität bestellt wird. 2020 dagegen wanderte der Wein- und Sekt-Absatz verstärkt in den Verkauf über Läden, auch über große Handelsketten und Discounter.

In der Masse seien die Flaschenpreise dort niedriger, erläutert Somma. In der Krise hätten Supermärkte aber verstärkt teure Qualitätsware in die Regale gestellt. „Manche Winzer mögen diesen Absatzweg nicht, wegen der aggressiven Preispolitik. Hier mussten wegen Covid Barrieren im Kopf fallen“, sagt Somma.

„Der Export hat manche Produzenten gerettet, besonders diejenigen mit guten Kanälen in die USA“, berichtet er. Dort seien auch teure Topweine beliebt gewesen. „Die Deutschen dagegen haben zum Beispiel beim Spumante 2020 mengenmäßig bis September zwar mehr geordert als in Vorjahr“, sagt der Fachmann. Trotzdem sei hier der Umsatz leicht gesunken (minus drei Prozent). Deutsche gelten in Italien bei Essen und Trinken ohnehin als sparsam. In der Pandemie sei die georderte Sekt-Qualität gesenkt worden, teils hätten Großeinkäufer auch die Preise gedrückt.

Italiens Agrarverband Coldiretti rechnet insgesamt mit einem Export-Umsatzminus bei Wein und Schaumwein um 4,6 Prozent. „In der Krise greifen viele überall auf der Welt auf einen traditionellen Konsum zurück. Sie trinken etwas, mit dem sie schöne Erinnerungen verbinden – von zu Hause und aus dem Urlaub“, erläutert Somma.

 Der Weinhof „I Veroni“ bei Florenz ist ein Beispiel, wie Krise und Kreativität Hand in Hand gehen. Früher verkaufte er seinen Chianti Rufina auf viele Kanäle verteilt. Wegen Corona fiel das Gastgewerbe in Italien und der Schweiz weg, wie der Marketing-Verantwortliche Luca Innocenti berichtet. Da kam die Anfrage, eine ganze Produktlinie an einen Kunden in die USA zu liefern. „Es gab ein kurzes Zögern“, erinnert sich seine Mitarbeiterin. Dann entwickelte man ein Etikett für junge US-Käufer – und los ging‘s.

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