Corona-Impfstoff Warten auf die erlösende Nachricht aus Amsterdam

Brüssel/Amsterdam · Am Montag soll die EU-Behörde Ema grünes Licht für den ersten Corona-Impfstoff geben. Eine „beispiellose Massenimpf-Kampagne“ stehe bevor, heißt es in Brüssel.

     Die EU-Staaten warten auf die Zulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer. Am Montag will die EU-Arzneimittel-Behörde Ema mit Sitz in Amsterdam ihre Entscheidung verkünden.

Die EU-Staaten warten auf die Zulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer. Am Montag will die EU-Arzneimittel-Behörde Ema mit Sitz in Amsterdam ihre Entscheidung verkünden.

Foto: dpa/Chris Jackson

Selten ist eine Entscheidung der Europäischen Arzneimittel-Behörde (Ema) in Amsterdam so sehr erwartet worden. Am Montagmorgen kommen die Experten der 27 Mitgliedstaaten zusammen, um zu entscheiden, ob sie eine offizielle, aber auf ein Jahr befristete Zulassung für den Coronavirus-Impfstoff der Unternehmen Biontech und Pfizer empfehlen. In Brüssel werde, so hieß es am Freitag, die Europäische Kommission bereitstehen, um „innerhalb von Stunden“ die erhoffte Zulassung amtlich zu machen. „Das wäre das beste Weihnachtsgeschenk für uns alle“, sagte die für Gesundheitspolitik zuständige EU-Kommissarin Stella Kyriakides gegenüber unserer Zeitung. „Natürlich zählt jeder Tag. Und jeder Tag rettet Leben“, betonte sie weiter. „Für mich steht Sicherheit an erster Stelle.“ Man werde „bald eine beispiellose Massenimpf-Kampagne für unsere Bürger starten“. Die dürfte nach dem 6. Januar richtig in Gang kommen, wenn auch der zweite und laut Medizinern „sehr vielversprechende Impfstoff“ des US-Herstellers Moderna zugelassen werden sollte.

Dass nach der Zulassung des ersten Impfstoffes kommende Woche noch weitere Tage vergehen, ehe am 27. Dezember in allen EU-Mitgliedstaaten die Impfungen beginnen können, hat nach Angaben der EU-Kommission medizinische und organisatorische Gründe. Die national verantwortlichen Stellen (in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut) werden die gelieferten Chargen mutmaßlich ab Dienstag prüfen. Dieses Verfahren ist festgelegt, gilt aber inzwischen als besonders unverzichtbar. Vor wenigen Tagen musste das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca seine Impfstoff-Entwicklung zunächst wieder zurückziehen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass bei den klinischen Tests durch ein Versehen nur jeweils die Hälfte der notwendigen Wirkstoff-Dosis verabreicht worden war. „Wir liefern uns einen Wettlauf mit der Zeit, um Leben zu retten“, sagte Gesundheitskommissarin Kyriakides. „Wir stehen nicht im Wettbewerb mit anderen Ländern oder Kontinenten. Die Sicherheit und die Wirksamkeit des Impfstoffes sind das A und O.“

Obwohl die konkreten vertraglichen Vereinbarungen, die die EU-Kommission im Auftrag der Staaten mit den Herstellern ausgehandelt hat, unter Verschluss liegen, bestätigten informierte Kreise in Brüssel am Freitag, dass die Einkaufspreise zum Teil deutlich unter jenen liegen, die andere Länder zahlen müssen. AstraZeneca, das aus dem Verkauf keinen Gewinn erzielen will, kostet demnach je Dosis 1,87 Euro. Biontech erhalte zwölf Euro. Die Entwicklung von Moderna kostet auf dem US-Markt 16,32 Euro, die EU bezahlt offenbar fast zwei Euro weniger je Dosis. Eine belgische Staatssekretärin hatte die Preise auf Twitter veröffentlicht und den Tweet später gelöscht.

Unterdessen berichtete der Spiegel, dass die EU deutlich mehr Dosen von Biontech/Pfizer und Moderna hätte ordern können. Biontech etwa habe bis zu 500 Millionen statt der bestellten 300 Millionen Dosen angeboten. Ein Sprecher der EU-Kommission wollte sich nicht dazu äußern. Ziel der Verhandlungen sei aber ein „breites Portfolio verschiedener Anbieter“ gewesen.

Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese warb am Freitag in Brüssel dafür, sich parallel zu den Impfungen am irischen Modell zu orientieren und den Lockdown anzupassen. Immerhin sei es dort gelungen, die Inzidenzzahl von Oktober (165) auf inzwischen 46 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner im Sieben-Tages-Schnitt zu senken. Dublin hatte vor allem die häuslichen Kontakte stark eingeschränkt. Dafür waren Begegnungen im Freien erlaubt. Gleichzeitig führte die Regierung eine Pflicht zum Arbeiten im Homeoffice ein. Vize-Ministerpräsident Leo Varadkar hatte jüngst in Brüssel berichtet, durch diese beiden Maßnahmen seien die Infektionszahlen so drastisch gesenkt worden, dass Restaurants und Fitnessstudio wieder öffnen dürfen.

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