Lebensversicherung nicht einfach auflösbar

Kunden können ihre alten Lebensversicherungen nicht Jahre nach Vertragsschluss rückgängig machen und dadurch ihre eingezahlten Prämien zurückverlangen. Das hat gestern der Bundesgerichtshof (BGH) grundsätzlich entschieden. Nachfolgend erläutern wir die Auswirkungen.

Worum geht es in der Auseinandersetzung um die Lebensversicherungen ?

Antwort: Um das Widerspruchsrecht und damit um die mögliche Rückabwicklung von Lebensversicherungen , die nach dem sogenannten Policenmodell zustande gekommen sind. Dabei erhielt der Kunde sämtliche Unterlagen erst mit dem Versicherungsschein. Das war in der Zeit zwischen 1994 und Ende 2007 erlaubt und auch eine gängige Praxis. Der Verbraucher hatte allerdings ein Widerspruchsrecht. Dieses erlosch zwei Wochen, nachdem er vorschriftsmäßig über seine Rechte aufgeklärt worden war. Seit dem Jahr 2008 gibt es dieses Modell auf Druck der Europäischen Union nicht mehr.

Was hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe denn nun genau geprüft?

Antwort: Ob Kunden ihre Versicherungen noch Jahre nach Vertragsschluss widerrufen und damit ihre Prämien zurückverlangen können, wenn sie ihre Rechte von Anfang an kannten.

Was hat das Gericht in der Folge entschieden?

Antwort: Aus Sicht des BGH verhielt sich der Kläger widersprüchlich und verstieß damit gegen den Grundsatz von "Treu und Glauben". Der Kläger hatte seine Versicherung im Jahr 1998 geschlossen und dann ohne jeden Widerspruch bis zum Jahr 2004 Prämien eingezahlt. Erst dann kündigte er seinen Vertrag. Über seine Rechte war er zuvor vorschriftsmäßig informiert worden, er kannte sie also von Anfang an. Erst im Jahr 2011 widersprach er der getroffenen Regelung und klagte dagegen. Die Versicherung habe in der Zwischenzeit jedoch auf den Fortbestand des Vertrages vertrauen dürfen, erklärte hierzu das Karlsruher Gericht.

Mit welcher Begründung ging der Kläger vor?

Antwort: Sein Anwalt argumentierte, dass derartige Altverträge gegen geltendes EU-Recht verstießen und daher auch generell unwirksam seien. Sie könnten daher auch noch Jahre nach dem Vertragsschluss rückgängig gemacht werden.

Was sagt der BGH zu dieser Argumentation?

Antwort: Er sieht keinen Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen das geltende Europarecht. Der Vertrag war danach wirksam. Daher legte das Gericht das Verfahren auch nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vor, wie der Klägeranwalt es zuvor ausdrücklich verlangt hatte.

Gilt das getroffene Urteil jetzt für alle Kunden mit Altverträgen?

Antwort: Es gilt für all diejenigen, die vorschriftsmäßig aufgeklärt wurden, innerhalb der zweiwöchigen Widerspruchsfrist von diesem Recht selbst keinen Gebrauch machten und zudem jahrelang brav ihre Prämien zahlten.

Wie ist das Urteil des Bundesgerichtshofs in seinen Auswirkungen jetzt zu werten?

Antwort: Der BGH selber sieht sein Urteil nicht als verbraucherfeindlich an. Hätte das Gericht anders entschieden, hätten unter Umständen Millionen von Altverträgen auf der Kippe gestanden. Genau das wollte das Gericht allerdings ausdrücklich nicht, wie Senatsvorsitzende Barbara Mayen in der Verhandlung ausdrücklich betonte. "Millionen von Verträgen stünden dann unter dem Damoklesschwert der Unwirksamkeit", sagte sie in ihren Ausführungen. Denn nicht nur Versicherte könnten die Verträge in diesem Fall auflösen, sondern auch die Assekuranzen. Viele Versicherte seien aber mit ihrer Lebensversicherung zufrieden und hätten etwa ihre Altersvorsorge darauf aufgebaut.

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