Herausforderung Speisekarte: Ab Samstag müssen Gastronomen sämtliche Allergene auflisten

Saarbrücken · Allergiker sollen beruhigt im Restaurant essen gehen können, will die EU. Doch für die Gastwirte ist die Aufgabe, künftig über sämtliche allergie-auslösenden Zutaten aufzuklären, eine echte Herausforderung.

"Keine andere Branche wird so gegängelt wie wir", sagt Gudrun Pink , Präsidentin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) im Saarland. Konkret spricht sie über die Auswirkungen der EU-Verordnung zur "Information der Verbraucher über Lebensmittel". Demnach müssen Gastronomen - vom Restaurant bis zur Rostwurstbude - ab Samstag die im Essen enthaltenen Allergie-Auslöser einzeln auflisten. Dabei handelt es sich nicht um exotische Zutaten, sondern um 14 sehr gängige Lebensmittel wie Getreide, Milch, Erdnüsse , Sellerie , Soja oder Eier.

Schon für die Köche werde dies zu einer Herausforderung, denn sie müssten genau ermitteln, welche Stoffe in ihren Zutaten enthalten sind. So findet sich Sellerie in Gewürzmischungen , aber auch in Fleischzubereitungen, Curry, Essig, Dressings und Marinaden. Erdnüsse sind teilweise auch in Brötchen, Pommes Frites oder Margarine enthalten. "Die neue Richtlinie fordert nicht nur uns, sondern auch unseren Zulieferern eine umfangreiche Dokumentation ab", sagt Pink.

Positiv bewertet sie, dass die nationale Richtlinie neben der schriftlichen Angabe in der Speisekarte auch eine mündliche Unterrichtung erlaubt. "Dafür muss der Gastronom allerdings eine Liste der allergenen Stoffe im Restaurant offen aushängen und eine Kladde bereithalten, in der sämtliche Gerichte mit den entsprechenden Zutaten aufgeführt sind", sagt Pink. Bei Tagesgerichten müssten dann jeweils entsprechende Dokumentationen angefertigt werden. "Aber wenigstens müssen die Gastwirte ihre Speisekarten nicht neu drucken", sagt Pink.

Grundsätzlich begrüßt der Dehoga Saar die zusätzliche Transparenz: "Es ist wichtig, die Betroffenen auch als Zielgruppe zu sehen", sagt Geschäftsführer Frank Hohrath. "Allergiker haben ein Anrecht zu wissen, was in den Gerichten drin ist." Bereits vor drei Jahren habe sich der Dehoga mit dem Leitfaden "Gute Gastgeber für Allergiker " der Zielgruppe gewidmet.

Doch nicht nur die neue EU-Verordnung sieht Pink als Herausforderung im kommenden Jahr. Auch der Mindestlohn macht ihr Sorgen. Dass Mini-Jobber jetzt 8,50 brutto für netto bekommen, sorge für Unfrieden bei den unteren Lohngruppen, die gerade 8,53 Euro brutto bekommen.

Probleme bereite auch die Begrenzung der Arbeitszeit auf zehn Stunden im Arbeitszeitgesetz: "Bei einer Hochzeit ist es undenkbar, dass um zwei Uhr Schluss ist, weil das Personal schon zehn Stunden gearbeitet hat", sagt Hohrath. Da müsse es für die Branche Ausnahmeregeln geben.

Meinung:
Gut für den Allergiker

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger

Für Allergiker ist der Restaurant-Besuch ein Risiko. Zwar kann er nach Inhaltsstoffen fragen. Bisher allerdings war fraglich, ob Koch und Bedienung wirklich wussten, was im Essen enthalten ist. Jetzt trägt der Gastronom das Risiko. Ist nicht ausreichend aufgeklärt worden, haftet er für nachfolgende Zwischenfälle. Der Aufwand für die Gastronomen ist zugegebenermaßen immens. Letztlich sichern sich die Betriebe dadurch aber die Zielgruppe der Allergiker - und die wird zunehmend größer.

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