Feine Sache Feuerdrache

Saarbrücken. Bald drei Jahre ist Saarbrückens Kulturdezernent Erik Schrader am Ruder - und aus dem Rampenlicht. Lieber tariert er, ein Diplomat in Potenz, Positionen aus. Bis wieder ruhiges Wetter ist und keiner auf dumme (Kürzungs-)Gedanken kommt? Bislang konnte er den Kulturetat nicht nur vor Kürzungen bewahren, sondern auch das ein oder andere drauflegen

Saarbrücken. Bald drei Jahre ist Saarbrückens Kulturdezernent Erik Schrader am Ruder - und aus dem Rampenlicht. Lieber tariert er, ein Diplomat in Potenz, Positionen aus. Bis wieder ruhiges Wetter ist und keiner auf dumme (Kürzungs-)Gedanken kommt? Bislang konnte er den Kulturetat nicht nur vor Kürzungen bewahren, sondern auch das ein oder andere drauflegen. Selbstdarstellung ist Schrader (FDP) genauso fremd wie Visionen, so sehr ist er in einer das Bürokratische streifenden Weise durch und durch Realist. Wozu für ihn gehört, zu halten, was man verspricht. Nun setzt er, sieht man von der organisatorischen Neuordnung des Kleinen Theaters ab, mit einer größeren Spielstätte für die Freie Szene einen ersten kulturpolitischen Akzent. Als die Stadt die ehemalige preußische Kommandantur zur Rechten der Alten Feuerwache am Landwehrplatz 2007 verscherbeln wollte, brachte Schrader die Idee auf, die Immobilie dem Land zu schenken, um sie als Kulturort zu erhalten. Ursprünglich nicht für die Freie Szene, sondern fürs Staatstheater. Daraus wurde nichts, genauso wenig wie aus dem Verkauf. Dafür wird in dessen Erdgeschoss nun die Freie Szene einziehen (und das SST in den beiden Obergeschossen Theaterwohnungen anmieten). Die Kosten (knapp 800 000 Euro) verrechnet die Stadt über die künftigen Mieteinnahmen, die sie beim TiV per Spielstättenförderung trägt. Ist aber nun das, was schon Anfang 2011 im so genannten "Feuerdrachen" eröffnet werden soll, die jahrelang geforderte feste Spielstätte für die landeshauptstädtische Freie Szene? Nicht wirklich. In erster Linie ist es ein Umzug des bislang um die Ecke im Nauwieserviertel beheimateten Theaters im Viertel (TiV). Und doch: Unterm Strich war diese Lösung angesichts der desolaten finanziellen Rahmenbedingungen der bestmögliche Kompromiss für die Freie Szene, deren wichtigster Kristallationspunkt das TiV ja seit Jahren ist. Auch wenn mit den neuen Spielräumen keine großen Sprünge zu machen sind. Der Raumgewinn ist überschaubar (künftig 80 statt bislang 60 Plätze), dafür wird die Bühne etwas größere Produktionen als im TiV erlauben. Musste, wer auf dessen winziger Zimmerbühne nicht allein auftrat, fürchten herunterzufallen, wird die Feuerdrachenbühne fünf bis sechs Merter tief und knapp neun breit sein. Und endlich auch eine Art Künstlergarderobe vorsehen (unter der Bühne) und dazu drei Büroräume. "Keine ideale Lösung, aber eine realistische", nennt die neue Kleinkunstbühne denn auch Martin Huber vom "Netzwerk Freie Szene Saar", in dem sich vor ein paar Jahren die wichtigsten freien Gruppen zusammenschlossen. Vom TiV-Umzug könnte die gesamte Freie Szene profitieren. Weshalb Huber von einem "deutlichen Schritt nach vorne" spricht, den die Freien nicht von ungefähr als Zeichen ihrer Anerkennung und Stärkung deuten. Tür an Tür mit der Alten Feuerwache: Vielleicht wird sich so ein größeres Publikum erschließen lassen. Es fehlte nicht an Off-Produktionen, die das verdient hätten.Nicht nur Schrader, auch das Netzwerk Freie Szene verfolgt eine Politik der kleinen Schritte. Die könnten am Ende in Richtung Alte Kirche (gegenüber dem SST) führen, unlängst als Kulturzentrum ins Spiel gebracht, das Saarbrücken fehlt. Ein viel größeres Rad wäre zu drehen als beim Feuerdrachen. Realistisch nur, stiege das Land ein, würden die Musikhochschule oder die Uni ins Boot geholt. Eine Gleichung mit vielen Unbekannten, die aber aufgehen könnte. Nicht nur Schrader hofft, "dass das Potenzial der Alten Kirche erkannt wird". Würde doch mit dem Altarraum der Alten Kirche, die die evangelische Kirche (samt Gemeindezentrum) gerne abgäbe, das hiesige Veranstaltungsort-Portfolio maßgeblich erweitert.

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