Das große Zittern vor der Wahl Spanien rutscht noch tiefer in die Krise

Brüssel. Vor dem Wahlsonntag in Griechenland liegen die Nerven in Brüssel blank. Brüssel werde griechischen Forderungen nicht nachgeben, das Reformpaket nachzuverhandeln, betonte EU-Währungskommissar Olli Rehn erneut. "Wir halten an den Auflagen" fest, sagte er. Es klang wie eine letzte Warnung an die Hellenen, sich ihr Votum am Sonntag wirklich gut zu überlegen

Brüssel. Vor dem Wahlsonntag in Griechenland liegen die Nerven in Brüssel blank. Brüssel werde griechischen Forderungen nicht nachgeben, das Reformpaket nachzuverhandeln, betonte EU-Währungskommissar Olli Rehn erneut. "Wir halten an den Auflagen" fest, sagte er. Es klang wie eine letzte Warnung an die Hellenen, sich ihr Votum am Sonntag wirklich gut zu überlegen.Neuesten Umfragen zufolge wollen zwar 80 Prozent der Griechen den Euro behalten, aber die straffen Sparvorschriften zumindest abmildern. Der Chef der linken Syriza-Partei, Alexis Tsipras, den einige bereits als Wahlsieger sehen, beharrt dagegen darauf, die bisherigen Reformzusagen aufzukündigen. Vor den Wahlen rückt keine Seite von ihrer harten Linie ab. Das hat viel mit Taktik zu tun. In Brüssel weiß man natürlich, dass die drei Vertreter der Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit jeder neuen Regierung reden werden. Doch die muss erst einmal gebildet werden. Das kann dauern. Und ob es zu klaren Verhältnissen kommt, ist offen.

Sollte eine neue Athener Regierung tatsächlich die Vereinbarungen mit der Troika aufkündigen, drohen Euro-Raum und IWF mit einem Stopp der Hilfsgelder. Das Land wäre binnen weniger Tage pleite. Eine Rückkehr zur Drachme gilt vielen als der einzige Ausweg. Doch der Schnellschuss würde nach hinten losgehen. Und das wissen auch die hoch pokernden Parteiführer in Athen. Abgesehen davon, dass den Griechen viele Milliarden an Zuschüssen der EU plötzlich fehlen würden, müssten sie eine weitgehende Entwertung ihrer Guthaben verkraften, die Gehälter wären plötzlich weniger wert, die Rentenversicherungen wären pleite, die Banken stünden vor dem Zusammenbruch, weil viele Griechen noch versuchen würden, ihre Ersparnisse ins Ausland zu retten. Importe aus der EU-Nachbarschaft wären mit einem Schlag unbezahlbar. Das Land würde ins Chaos stürzen.

Doch auch die Europäer selbst müssten mit schwer wiegenden Folgen rechnen. Allein für Deutschland summieren sich die Ausfälle auf rund 80 Milliarden Euro. Einbrüche beim Wirtschaftswachstum sind wahrscheinlich. Kurzum: Eine Rettung des Landes selbst mit aufgeweichten Bedingungen käme die Euro-Partner vermutlich günstiger als der harte Schnitt. Ganz abgesehen davon, dass die EU auch aus politischen und strategischen Gründen einen wichtigen Partner an der Südflanke nicht einfach aufgeben könnte. Fazit: Europa würde nach einem Austritt aus der Währungsunion weiter helfen müssen. Da ist es günstiger, bei den Reformauflagen nachzugeben.

Niemand - nicht einmal die Griechen selbst - bestreitet, dass die verlangten Reformen notwendig sind. Aber es wäre denkbar, dem Land mehr Zeit zu geben, die Zinsen für Hilfskredite, die deutlich höher als für andere Euro-Schuldensünder sind, zu senken und die Bedingungen für die Rückzahlung noch einmal zu überarbeiten. Vor allem aber braucht das Land massive Wirtschaftshilfe, um das Wachstum anzukurbeln. Es ist also denkbar, dass man den Druck mildert, gleichzeitig aber zusätzliche Förderungen zum Aufbau der Wirtschaft verspricht. Madrid/Rom. Keine Atempause für Madrid: Nachdem das Euro-Schwergewicht am Mittwochabend von der Ratingagentur Moody's abgestraft wurde, erhöhen Anleger am Anleihemarkt den Druck. Gestern kletterte die Rendite für zehnjährige Staatspapiere in der Spitze bis knapp unter die kritische Marke von sieben Prozent und erreichte damit den höchsten Stand seit der Euro-Einführung - und dies trotz der bevorstehenden EU-Milliardenspritze über 100 Milliarden Euro für die spanischen Banken. Am Nachmittag kam die Rendite wieder etwas runter, zuletzt lag sie bei 6,84 Prozent. Am Mittwoch hatten die Bonitätswächter der Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit Spaniens um drei Noten herabgestuft. Damit liegt das Land nur noch eine Note über dem sogenannten Ramschniveau. Spanien habe nur noch einen sehr beschränkten Zugang zu den Finanzmärkten, begründete Moody's die Herabstufung.

Spanien rief die Europäische Zentralbank (EZB) eindringlich auf, Staatsanleihen von Euro-Krisenländern zu kaufen. Ein solcher Eingriff der Währungshüter werde erst recht notwendig sein, wenn bei der Parlamentswahl am Sonntag in Griechenland die Kräfte gewännen, die gegen die mit der EU vereinbarten Einsparungen seien, sagte Außenminister José Manuel García-Margallo. Zur Rettung des Euro müsse die EZB unbedingt verhindern, dass die Rendite der Staatsanleihen in astronomische Höhe klettern. "Wenn die Titanic untergeht, werden alle Passagiere mitgerissen, auch die in der ersten Klasse", sagte García-Margallo dem Radiosender Onda Cero. Etwas vom Abwärtssog befreien konnten sich die italienischen Staatsanleihen. Italien gelang es, drei Anleihen zu platzieren und wie geplant 4,5 Milliarden Euro an frischen Mitteln aufzunehmen. Jedoch wurden deutlich höhere Zinsen fällig. dpa

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