Blessings Wechsel zu VW hinterlässt an der Saar Zweifel

Dillingen/Völklingen/Wolfsburg · Die Ernennung von Karlheinz Blessing zum Personalvorstand von Volkswagen gilt als sicher. Der VW-Aufsichtsrat will die Personalie heute absegnen. In der Belegschaft der Saar-Hütten herrscht unterdessen Verwunderung über die Art des Wechsels.

 Karlheinz Blessing

Karlheinz Blessing

Foto: Ruppenthal

Der Wechsel des bisherigen Vorstandschefs der Dillinger Hütte und von Saarstahl, Karlheinz Blessing (58), zu Volkswagen war nach Recherchen unserer Zeitung an der Saar bis zuletzt geheim. Selbst führende Gewerkschafter der IG Metall an der Saar, die die Interessen der Arbeitnehmer in beiden Hütten vertreten, wurden erst am Freitagabend informiert, nachdem die Personalie in Wolfsburg durchgesickert war.

Auch für große Teile der Aufsichtsräte beider Hütten kommt der Wechsel überraschend und ungelegen. Er hat nach Angaben aus Unternehmenskreisen Folgen bis in die SHS Stahl-Holding Saar (SHS) hinein, die die strategischen Interessen der beiden Stahlstandorte bündelt. Demnach sollte Blessing mit noch mehr Macht ausgestattet werden und mittelfristig Nachfolger des Vorsitzenden der Geschäftsführung der SHS Stahl-Holding Saar, Michael Müller , werden. Müller ist auch Mitglied im Kuratorium der Montanstiftung Saar, die in Folge der Stahlkrise gegründet wurde, um in erster Linie die Bewahrung der Eigenständigkeit der saarländischen Hüttenstandorte sicherzustellen und Einflussnahme von außen zu verhindern. Zu den Mitgliedern des Kuratoriums dieser Stiftung gehört auch der einflussreiche Gewerkschafter Berthold Huber , der lange Jahre an der Spitze der IG Metall stand.

Huber spielt beim Wechsel von Blessing zu Volkswagen offensichtlich eine entscheidende Rolle. Erst am 25. April dieses Jahres, nach dem Rücktritt des umstrittenen VW-Firmenpatriarchen und damaligen VW-Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch , wurde Huber kommissarisch mit der Aufgabe des Vorsitzenden des Aufsichtsrates betraut. Eine Rolle, die er bis zum 7. Oktober innehatte. Blessing wird eine große Nähe zu Huber nachgesagt. Ohne die IG Metall läuft bei VW nichts. Zwar gibt es in Folge des Abgasskandals bisher eine Beschäftigungsgarantie für die Mitarbeiter. Unklar ist jedoch, ob dies so bleibt, da auch das Ende von "Dieselgate" noch nicht absehbar ist. Perspektivisch wird Blessing, der als "harter Hund" mit dem Willen zur Macht gilt, die Zahl der Beschäftigten wohl verringern müssen.

Völlig unklar bleibt, wieso die IG Metall an der Saar konsequent schweigt. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Gewerkschaftsinteressen beim mächtigen Autobauer noch wichtiger sind als die Interessen der Beschäftigten in der saarländischen Stahlindustrie, in der die IG Metall besonders gut organisiert ist.

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