„Wow – immer noch Gänsehaut“

Paris · Joshua Kimmich erlebt eine besondere Turnier-Premiere: Praktisch als Rechtsaußen stürmt der Jungstar mit Deutschland ins EM-Achtelfinale. Bayern-Trainer Pep Guardiola hatte ihm schon früh eine große Zukunft prophezeit.

 Joshua Kimmich zeigte gegen Nordirland auf der Außenverteidiger-Position vor allem offensiv eine starke Leistung. Foto: Dedert/dpa

Joshua Kimmich zeigte gegen Nordirland auf der Außenverteidiger-Position vor allem offensiv eine starke Leistung. Foto: Dedert/dpa

Foto: Dedert/dpa

Jonas Hector verbrachte am Dienstag gegen die Nordiren einen nahezu ruhigen Abend auf seiner linken Seite. Während über den 26-Jährigen in den ersten beiden Gruppenspielen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der EM in Frankreich nahezu jeder Angriff lief, war der offensive Außenverteidiger beim 1:0-Sieg fast arbeitslos. Denn diesmal ging fast alles über rechts. Das hatte einen Grund: Denn auf der gegenüberliegenden Außenbahn spielte diesmal "Allrounder" Joshua Kimmich - und nicht der Defensiv-Malocher Benedikt Höwedes . "Joshua hat ein klasse Spiel gemacht", meinte Hector nach dem Einzug ins Achtelfinale. Der Spieler des FC Bayern habe viel Lob bekommen, "und das hat er sich auch verdient", fand Hector.

88 Prozent der Pässe von Kimmich kamen an. Der 21-Jährige gewann 57 Prozent seiner Zweikämpfe. Er schlug neun, meist gefährliche Flanken, lief starke 11,9 Kilometer und hatte 100 Ballkontakte, 20 mehr als Hector. Nur Toni Kroos hatte im zentralen Mittelfeld mehr (141). "Er ist sehr clever und selbstbewusst. Ich war sehr zufrieden mit ihm bei seinem ersten Auftritt auf der großen Bühne", lobte auch Bundestrainer Joachim Löw und begründete seine Entscheidung für Kimmich und gegen Höwedes: "Gegen Mannschaften, die so defensiv denken, brauchen wir andere Lösungen. Mit Benni Höwedes bin ich zufrieden, was er defensiv machen kann. Aber heute brauchten wir andere Spieler, die die Breite nutzen und über außen kommen. Da ist Joshua prädestiniert."

Selbst Höwedes lobte den starken Auftritt: "Es war genau die richtige Entscheidung vom Coach, ihn zu bringen. Wir waren gefährlicher im Spiel nach vorn", sagte Höwedes anerkennend. "Ich konnte bei ihm auch keine Nervosität feststellen", legte Löw nach. Bayern-Kollege Thomas Müller war nicht überrascht über die Leistung des Neulings: "Er hat so gespielt, wie ich es erwartet habe, einfach gut." Mats Hummels prophezeite dem 21-Jährigen nach dem Spiel gar "eine große Zukunft".

Damit ist er nicht allein. Selbst Kimmichs Ex-Trainer Pep Guardiola sagte einst: "Ihr könnt nicht verstehen, ich liebe diesen Jungen. Er hat alles, er kann alles, er gibt alles." Spielte Kimmich in der Saison 2014/2015 noch in der 2. Liga in Leipzig, rückte er beim FC Bayern einige Male in die Rolle des "Problemlösers". Mittelfeld, Verteidiger, zweikampfstark, ballsicher, lernwillig, ehrgeizig: Pep Guardiola bezeichnete ihn als "fast meinen Sohn".

Für viele gilt der Senkrechtstarter bereits jetzt als legitimer Nachfolger von Philipp Lahm . Ob er das wirklich ist, steht natürlich noch in den Sternen. Zumal er gegen die Nordiren lediglich offensiv gefordert war. Ob Löw in den K.o.-Spielen auch auf ihn setzen wird, wenn auf den Außenbahnen starke Spieler auf Kimmich treffen würden, bleibt abzuwarten.

Kimmich selbst gab sich nach seinem starken Auftritt bescheiden. "Jetzt kurz genießen, und dann geht es weiter", sagte er sachlich, um gestern auf seiner Facebook-Seite dann doch ein paar Emotionen zu zeigen: "Wow - immer noch Gänsehaut. Ein super Gefühl." Das hoffentlich noch lange bei dieser Europameisterschaft anhalten wird.

sz-em.de

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