Formel 1 Vettel macht gute Miene zum bösen Spiel

Monza · Beim Heimrennen von Ferrari trumpft Mercedes-Pilot Lewis Hamilton groß auf, siegt und übernimmt die WM-Führung.

 Ausgelassen feierte Sebastian Vettel (rechts) seinen dritten Platz. Dass Lewis Hamilton (links) gewann, störte ihn bei der Siegerehrung nicht.

Ausgelassen feierte Sebastian Vettel (rechts) seinen dritten Platz. Dass Lewis Hamilton (links) gewann, störte ihn bei der Siegerehrung nicht.

Foto: dpa/Antonio Calanni

Sebastian Vettel sprang vom Siegerpodest und wuchtete dem tosenden „Roten Meer“ der Ferrari-Fans den Pokal für Platz drei entgegen. Die erdrückende Zuneigung der Tifosi beim Heimspiel in Monza ließ ihn das Gefühl der Chancenlosigkeit gegen Mercedes und den Verlust der WM-Führung an den ungefährdeten Sieger Lewis Hamilton für einen kurzen Moment vergessen. 36 Sekunden trennten ihn im Ziel von Hamilton – Lichtjahre in der Formel 1.

Doch Vettel wollte sich die gute Laune partout nicht verderben lassen. Im Rausch der Emotionen schnappte er sich noch auf dem Podium eine TV-Kamera, er zeigte breit grinsend das Victory-Zeichen – und suchte ausschließlich das Positive in der Niederlage. „Grazie an alle Tifosi. Ihr seid das beste Publikum der Welt. Forza Ferrari“, sagte Vettel: „Bei der Stimmung in der Ehrenrunde und auf dem Podium fühlt man sich wie der König der Welt. Auch wenn wir eins auf den Deckel bekommen haben, bin ich überzeugt, dass wir bis zum Ende um die WM kämpfen.“

Die Ovationen der 93 000 mehrheitlich für ihn und Ferrari jubelnden Fans konnten die krachende Niederlage gegen Mercedes-Star Lewis Hamilton aber lediglich übertünchen. Zu leicht hatte der Brite beim Großen Preis von Italien vor seinem Mercedes-Teamkollegen Valtteri Bottas (Finnland) den Sieg eingefahren und Vettel nach 161 Tagen ausgerechnet auf Ferrari-Territorium die WM-Führung abgejagt.

Ferrari-Boss Sergio Marchionne vertrat daher wenig verwunderlich eine ganz andere Sicht der Dinge als sein Star-Pilot. „Wir haben einfach völlig versagt. Das Set-up war falsch, wir haben die Strecke unterschätzt. Wir haben das Auto seit Belgien schlechter gemacht“, polterte der 65-Jährige.

Der Groll von Marchionne hat einen Grund: Hamilton feierte einen Tag nach seiner 69. Pole Position, mit der er die alleinige Spitze in dieser Wertung vor Rekordchampion Michael Schumacher übernahm, ohne Probleme seinen 59. Formel-1-Sieg und liegt im Titelkampf nach 13 von 20 Rennen nun drei Punkte vor dem Deutschen. „Ich liebe diese Leidenschaft. Ich weiß, dass ihr einen anderen Sieger wolltet, das respektiere ich“, sagte Hamilton im ohrenbetäubenden Pfeifkonzert der Ferraristi und setzte markig hinzu: „Aber die Mercedes-Power war einfach besser als die Ferrari-Power, das war der Schlüssel zum Sieg.“

Vettel, der den Traum vom ersten Heimsieg der Roten seit 2010 nicht wahr machte, kann aber schon in zwei Wochen in der WM zurückschlagen. Auf dem verwinkelten Kurs von Singapur wird Ferrari als stärkste Kraft erwartet. Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda warnte: „Die WM ist noch nicht gewonnen. Wir müssen in Singapur Schadensbegrenzung betreiben. Der Ferrari ist ein Super-Auto für Singapur, der Red Bull auch.“

Hamilton erwischte in Monza einen guten Start und zog schnell einsam seine Kreise. Vettel kam von Platz sechs zunächst nicht nach vorn, in der dritten Runde überholte er aber seinen Edelhelfer Kimi Räikkönen (Finnland), zwei Runden später war der von Startplatz zwei gestartete Lance Stroll (Kanada/Williams) an der Reihe. Großer Jubel auf den in Rot getauchten Rängen brandete auf, als sich Vettel im achten von 53 Umläufen den dritten Platz von Force-India-Pilot Esteban Ocon (Frankreich) holte. Die beiden Silberpfeile waren zu diesem Zeitpunkt aber schon weit entfernt – zu weit, wie sich bald herausstellte.

Nico Hülkenberg erreichte mit seinem Renault nach seiner Strafversetzung (Tausch von Motorkomponenten) von Startplatz 14 nur den 13. Platz. Pascal Wehrlein, der aufgrund von Strafen gegen neun Kollegen vom aussichtsreichen zwölften Platz ins Rennen ging, kam nach einigen Fehlern auf den 16. Rang.

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