Sorgenvoller Start in Südtirol

St Leonhard · Im Trainingslager in Südtirol muss sich Joachim Löw auf dem Weg zum erhofften WM-Titel ab heute über weitere personelle Entscheidungen Gedanken machen. Probleme hat der Bundestrainer schon genug.

Für das Panorama im idyllischen Passeiertal dürfte Joachim Löw bei seiner Anreise heute keine Augen haben. Der Bundestrainer bringt einige Sorgen mit nach Südtirol. Zum einen beschäftigen ihn die Verletzungen seiner Leistungsträger Philipp Lahm, Manuel Neuer und Bastian Schweinsteiger. Zudem stehen auf dem Weg zum ersehnten WM-Titel wichtige Entscheidungen an.

Beim Start in die Vorbereitung für das Turnier in Brasilien (12. Juni bis 13. Juli) beginnt für acht Profis der deutschen Fußball-Nationalmannschaft das große Zittern. Von den 27 Kandidaten, die im Fünf-Sterne-Hotel Andreus anreisen, werden spätestens nach dem Länderspiel gegen Kamerun am 1. Juni in Mönchengladbach noch vier Spieler aussortiert. "Das werden wieder ganz schwere Entscheidungen. Aber das gehört auch zu meinen Aufgaben", sagte Löw.

Erik Durm, Shkodran Mustafi, Matthias Ginter, Christoph Kramer, Benedikt Höwedes, Lars Bender, Julian Draxler und Kevin Großkreutz dürften die Wackelkandidaten sein. Etwaige Tendenzen für "die finalen Entscheidungen", die Löw nach dem Kamerun-Spiel treffen muss, wollte sich der 54-Jährige nicht entlocken lassen.

Im Normalfall dürften Kramer, Ginter und Mustafi die ersten Streichkandidaten sein. Die besten Chancen dürften von den Wackelkandidaten positionsbedingt Linksverteidiger Durm - der Dortmunder ist der einzige Akteur in Südtirol ohne Länderspiel-Erfahrung -, sein vielseitig einsetzbarer BVB-Kollege Großkreutz und der Leverkusener Bender haben. Bei Höwedes und Draxler fehlt dagegen ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Dieses wiederum hat der Hoffenheimer Kevin Volland. Er ist neben dem 35 Jahre alten Nationalmannschafts-Rekordtorjäger Miroslav Klose einziger echter Stürmer im Aufgebot, was seine Chancen deutlich erhöht.

"Es ist gut, dass wir fast den kompletten Kader in der Vorbereitung zur Verfügung haben", sagte Löw: "Wir wollen von Anfang an verschiedene Dinge angehen - in Bezug auf Taktik oder die Kommunikation." Vor allem sei es aber wichtig, "dass wir die Mannschaft zu einer Einheit formen". Möglicherweise beeinflussen aber auch noch Verletzungen die Auswahl des Bundestrainers, der auch 2008, 2010 und 2012 immer wieder mal improvisieren musste.

Aktuell bleibt abzuwarten, wie Klose und Sami Khedira, die lange Zeit verletzt waren, auf die hohen Belastungen in der Vorbereitung reagieren. Vor allem aber bereiten die Münchner Lahm (Bluterguss im Sprunggelenk), Schweinsteiger (Entzündung Patellasehne) und Neuer (Kapselverletzung in der Schulter) einige Sorgen - auch wenn sich der Bundestrainer nach außen zuversichtlich zeigt. "Hinsichtlich der WM-Teilnahme von Manuel und Philipp sind wir absolut optimistisch, beide müssen jedoch noch intensiv behandelt werden", sagte Löw. Kapitän Lahm darf knapp eine Woche nicht trainieren, wann Torhüter Neuer einsteigen kann, ist offen. Auch hinter Schweinsteiger stehen Fragezeichen. Der Mittelfeldchef hofft, spätestens Ende der Woche wieder dabei zu sein. Für den hohen Besuch ist das Fünf-Sterne-Hotel Andreus gerüstet. Ab heute ist die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in St. Leonhard zu Gast. Sonderwünsche im Vorfeld habe es fast keine gegeben, sagt die Marketing-Direktorin des Hotels, Andrea Crazzolara. Natürlich hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) das Hotel "exklusiv gebucht", das heißt, dass das komplette Hotel geblockt wurde. So werden statt 200 Gäste nur etwa 60 da sein. Die Hälfte des Personals hat daher bis 31. Mai frei.

Sicherheitskräfte bewachen das Hotel rund um die Uhr. Hinein dürfen nur die DFB-Delegation und das Personal. Und das musste eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben - kein im Hotel gesprochenes Wort darf nach außen dringen. Zudem wurden alle darauf hingewiesen, Autogrammwünsche zu unterlassen.

Extra anschaffen musste das Hotel nur eines: eine Eiswürfelmaschine. "Es werden bis zu 200 Kilo Eis am Tag benötigt für die Kühlung der Beine nach dem Training", berichtet Crazzolara: "Auf so etwas waren wir nicht vorbereitet."

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