Schweißgebadet in Cochabamba

Saarbrücken. Unerwarteter Medienrummel, tierische Trophäen, eine Busfahrt im Angesicht des Todes und ein schlitzohriger Napoleon - diese Momente wird Margret Kratz noch lange in Erinnerung behalten. Vier Wochen war die Verbandstrainerin des Saarländischen Fußballverbandes (SFV) in Bolivien für die Entwicklungshilfe des Frauenfußballs unterwegs

 Margret Kratz (Dritte von links) erläutert bolivianischen Nachwuchsspielern Aspekte des modernen Fußballs. Foto: SZ/Kratz

Margret Kratz (Dritte von links) erläutert bolivianischen Nachwuchsspielern Aspekte des modernen Fußballs. Foto: SZ/Kratz

Saarbrücken. Unerwarteter Medienrummel, tierische Trophäen, eine Busfahrt im Angesicht des Todes und ein schlitzohriger Napoleon - diese Momente wird Margret Kratz noch lange in Erinnerung behalten. Vier Wochen war die Verbandstrainerin des Saarländischen Fußballverbandes (SFV) in Bolivien für die Entwicklungshilfe des Frauenfußballs unterwegs. Im Rahmen eines Kurzzeitprojektes des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zeichnete sich die Saarländerin für die Aus- und Fortbildung von insgesamt 173 Trainern verantwortlich.

Großer Medienrummel

"Bolivien steht in Südamerika mit Peru und Venezuela absolut am Anfang in Sachen Frauenfußball. Es ist noch mit vielen Vorurteilen behaftet. Wir haben vor Ort ein Konzept für die nächsten Jahre erarbeitet", berichtet Kratz nach ihrer Rückkehr vor ein paar Tagen.

Anfang November hatte sie sich gemeinsam mit ihrem Dolmetscher José Niethammer auf die 26 Stunden lange Reise über Frankfurt, Caracas (Venezuela) und Lima (Peru) bis ins bolivianische Santa Cruz aufgemacht. Geschlaucht und gebeutelt bekam ihre Laune gleich einen Dämpfer. Die heimischen Funktionäre warfen die Ablaufpläne komplett über den Haufen. Wer Kratz kennt, weiß: Das mag sie gar nicht. Und so konnte die 50-Jährige nur eine anstatt der vorher zugesagten vier Wochen mit der Frauen-Nationalmannschaft als Demonstrationsgruppe zusammenarbeiten. "Darüber war ich schon sehr enttäuscht", erzählt Kratz.

Die Pressekonferenz zu Beginn ihres Aufenthaltes sorgte aber für einen Stimmungsumschwung. "Eigentlich dachte ich, da kommt ein Männchen mit einem Kassettenrekorder. Dann hörte ich, dass sogar Xabier Azkargorta Uriarte da sein wird. Er ist der Trainer der Herren-Nationalmannschaft", erklärt Kratz. Anstelle eines Pseudo-Journalisten mit einem altmodischen Aufnahmegerät waren insgesamt etwa 30 Medienvertreter, auch Fernseh-Teams anwesend - das beeindruckte. "Das öffentliche Interesse war über den gesamten Monat riesig", unterstreicht die Riegelsbergerin, die in Santa Cruz eine Woche mit der Frauen-Nationalmannschaft und gut ausgebildeten Trainern zu tun hatte.

In der zweiten Woche war dagegen Entwicklungshilfe pur angesagt. Im 3700 Meter hoch gelegenen Oruro blieb Kratz nicht nur aufgrund der Höhe die Luft weg. "Frauenfußball gibt es dort erst seit sechs Jahren. Deshalb musste ich ganz von vorne beginnen. Zum Beispiel, wie man ein Training aufbaut", lässt die ehemalige Nationalspielerin in ihre Arbeit blicken. Ligabetrieb? Fehlanzeige. Stattdessen vereinbaren die Orte Freundschaftsspiele und veranstalten mithilfe eines Sponsors ab und an ein Turnier. Der Lohn für die beste Mannschaft? Tierisch. Ein Alpaka. Dabei handelt es sich um typisches Anden-Tier, das etwas kleiner als ein Lama ist.

Klein sind auch die Straßen in den Anden - und unsicher. Die 300-Kilometer-Busfahrt von Oruro zum dritten Ziel Cochabamba hat Kratz Nerven gekostet. Schließlich erfolgte die Gebirgs-Tour nur wenige Zentimeter von einem schwindelerregenden Abgrund entfernt.

Programm mit Abwechslung

"Mir wurde vorher gesagt, das sei kein Problem", sagt Kratz grinsend. Im Bus war ihr nicht zu lachen zumute: "Das war schon sehr grenzwertig. Jedenfalls bin ich schweißgebadet in Cochabamba angekommen." Dort fand sie zu ihrer Erleichterung wieder Trainer auf einem guten Niveau vor, weshalb sie eine sehr angenehme Woche mit wissbegierigen Teilnehmern verbrachte.

Zum Abschluss stand Tarija auf dem Programm. Ihre letzte Station hatte im Frauenfußball die beste Organisation zu bieten. Einen Abstecher machten sie in dieser Zeit zum Heimatdorf von Napoleon Cardoso, dem Nationaltrainer der Frauen, der das deutsche Duo stets begleitete. Allerdings wandelte sich der von "Napo" schlitzohrig als touristische Fahrt angekündigte Trip zu einem weiteren Arbeitstag für Kratz. "Das war typisch für ihn. Zuerst sagte er mir, ich solle den Laptop mitnehmen. Im Bus meinte er dann, ich müsste so zehn Minuten reden. Kurz bevor wir dort waren, beichtete er mir schließlich, dass ich eineinhalb Stunden Vortrag und eine Praxis-Einheit halten sollte", erzählt Kratz amüsiert. Sie nahm es locker und improvisierte. Wie bereits zu Beginn ihrer Reise. Eine Reise, an die sich die saarländische Verbandssportlehrerin lange erinnern wird.

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