Kolumne zur Fußball-WM in Russland Panini befriedigt die Triebe des Menschen

Jäger und Sammler, das waren wir nicht nur in der Steinzeit, sondern sind es auch heute noch. Eine Firma aus dem italienischen Modena macht sich dies zunutze. Gerade wenn eine Fußball-WM ansteht.

Kolumne zur Fußball-WM in Russland: Panini befriedigt die Triebe des Menschen
Foto: SZ/Robby Lorenz

Ein WM-Sommer ist auch immer ein Panini-Sommer. Man kennt es von den eigenen Kindern, den Enkeln – oder von sich selbst: Das Heft muss voll werden. Zur aktuellen WM in Russland passen stolze 682 Aufkleber in eins der Sammelalben des italienischen Herstellers. 90 Cent kostet eine Tüte mit fünf Bildern (2014 waren es noch 60 Cent), das ergibt nach Adam Riese 122 Euro für ein vollständig gefülltes Panini-Album. Allerdings nur, wenn es keine doppelten oder dreifachen Bilder gäbe. Und von denen gibt es, der geneigte Sammler weiß das nur allzu gut, massig.

Mit Wahrscheinlichkeitsrechnung lässt sich überschlagen, was der Spaß wirklich kostet. Sollte ein Kind auf dem Schulhof oder im Freundeskreis nicht tauschen, müsste es etwa 4840 Sticker kaufen, bis alle Lücken gefüllt sind, rechnet die Wirtschaftswoche vor. Bei 18 Cent pro Aufkleber würde das um die 870 Euro kosten. Ob da das Taschengeld reicht?

In Wirklichkeit dürften die Kosten irgendwo zwischen 122 und 870 Euro liegen. Auf jeden Fall ein gutes Geschäft für die Firma aus Modena, die um Umsatz und Auflage in Deutschland ein Geheimnis macht. Aber was macht diesen Reiz aus? Bei Kindern und sogar Erwachsenen? Klar, der Mensch ist nun mal Jäger und Sammler – und hier werden beide Triebe gleichermaßen befriedigt. Dazu kommen Neugierde, Spieltrieb, der soziale Gruppendruck, wenn viele in der Klasse ein Album haben – und der sogenannte „Ikea-Effekt“: Etwas selbst zusammengesetzt zu haben, lässt die Sache wertvoller erscheinen, als wenn es ein Album mit fertig eingeklebten Bildern gäbe.

Und dann ist da noch der Faktor Nostalgie. Ich erinnere mich noch genau an diesen Samstag vor mehr als 30 Jahren, als mir mein Vater eine ganze Plastikkiste mit Panini-Bildchen schenkte. Dass die geliebte Oma selig an dem Tag noch Waffeln machte und ich in ihrer Wohnung Bild nach Bild einklebte, vergesse ich nie. Dabei sind viele andere Momente aus der Kindheit längst nicht mehr präsent.

Bei rechter Erinnerung erwischte mich der Panini-Virus nur 1986 und 1990. Und um das Album vollzubekommen, fehlten am Ende tatsächlich zwei Bilder. Doppelbilder, auf denen jeweils zwei Kicker drauf waren. Vollbärtige Marokkaner und andere Exoten. Die bestellte ich bei Panini selbst – zwar unehrenhaft für einen Sammler, aber war mir egal. Vielleicht sollte ich vor dem ersten WM-Spiel mal im Keller nach den Alben suchen. Nur so wegen der Nostalgie.

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