Fußball-WM in Russland Mit einer Sieglos-Serie in die Heim-WM

Moskau · Die russische Nationalmannschaft hat seit Oktober 2017 nicht mehr gewonnen. Die Medien fürchten einen „Albtraum“.

 Stanislaw Tschertschessow, der Trainer der russischen Nationalmannschaft, gibt seinen Spielern Anweisungen. Doch so recht will die Umsetzung nicht gelingen. Russland wartet seit sieben Spielen auf einen Sieg.

Stanislaw Tschertschessow, der Trainer der russischen Nationalmannschaft, gibt seinen Spielern Anweisungen. Doch so recht will die Umsetzung nicht gelingen. Russland wartet seit sieben Spielen auf einen Sieg.

Foto: dpa/Pavel Golovkin

Eine Woche vor dem Turnierstart schrillen beim WM-Gastgeber Russland die Alarmglocken. „Das hat keinen Spaß gemacht. Unsere Mannschaft muss sich bis zum Auftaktspiel gewaltig steigern“, schrieb die Moskauer Zeitung Sowetski Sport. Der ebenfalls in der Hauptstadt ansässige Sport Express titelte nach der verpatzten Generalprobe gegen die Türkei sogar: „Alles ist schlecht.“ Die Bewertung der Leistung fiel deutlich aus. Es war eine „Katastrophe, die in einem Albtraum enden könnte“.

Gegen die nicht für die Endrunde qualifizierten Gäste hatte es im ZSKA-Stadion für die Sbornaja nur zu einem 1:1 gereicht. Das Team von Trainer Stanislaw Tschertschessow, zu dem die aussortierten Ex-Bundesliga-Profis Roman Neustädter und Konstantin Rausch nicht mehr zählen, wartet im Jahr 2018 immer noch auf seinen ersten Sieg, hat von seinen letzten sieben Spielen keines gewonnen. Den letzten Erfolg gab es im Oktober des vergangenen Jahres gegen Südkorea (4:2).

Längst geht in Russland die Angst um, dass das eigene Team bereits in der Vorrunde scheitert, was bei den Gegnern Saudi-Arabien, Ägypten und Uruguay eigentlich unmöglich schien. Doch nun zittern die Russen plötzlich sogar vor den Saudis, die am kommenden Donnerstag im WM-Eröffnungsspiel im Luschniki-Stadion erster Prüfstein bei der WM im eigenen Land sind.

„Von der Qualität her war es ein Schritt nach vorne im Vergleich mit dem Österreich-Spiel. Wir müssen noch an Nuancen arbeiten“, sagte Tschertschessow nach dem Remis gegen die Türkei und fügte optimistisch hinzu: „Wir werden gegen Saudi-Arabien eine andere Mannschaft erleben.“ Ob sein Team aber die großen Erwartungen der Fans und des Präsidenten Wladimir Putin erfüllen kann, muss nach den vergangenen Spielen bezweifelt werden. Nach der knappen 0:1-Niederlage gegen Vizeweltmeister Argentinien im vergangenen Herbst unterlagen die Russen in diesem Jahr gegen Brasilien (0:3) und gegen Frankreich (1:3) recht deutlich. Auch beim 0:1 gegen Österreich im Rahmen ihres Trainingslagers im Stubaital offenbarte der WM-Gastgeber viele Schwächen.

„Wir werden jetzt nach der anstrengenden Vorbereitung ein paar Tage Kraft tanken und sind dann für das Turnier bereit. Es muss sich keiner Sorgen machen“, beruhigte Torschütze Alexander Samedow trotz allem seine Landsleute: „Unser Trainer hat uns gut vorbereitet.“

Tschertschessow, ehemaliger Torwart von Dynamo Dresden, ist seit knapp zwei Jahren Cheftrainer der Nationalmannschaft und weiß um die Schwere der Aufgabe: „Erstes Ziel ist es, die Gruppenphase erfolgreich zu beenden. Keine Mannschaft ist erfolgreich, wenn ihr nicht der erste Schritt gelingt.“ Das ist Russland allerdings seit dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 nur bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz gelungen, als erst im Halbfinale Endstation war.

Während Russland als Gastgeber organisatorisch für die WM-Endrunde bestens vorbereitet scheint, kann man dies von der Mannschaft noch nicht behaupten. „Also, die Infrastruktur ist vorhanden, die Stadien sind fertig. Man kann zufrieden sein. Das Einzige, was Russland für eine perfekte WM noch fehlt, ist eine gute Mannschaft“, sagte Bestseller-Autor Wladimir Kaminer und fügte süffisant an: „Es sieht so aus, als könne Russland nur Weltmeister werden, wenn der Präsident mitspielt.“ Der macht sich unterdessen selbst Sorgen. „Leider hat unsere Sbornaja in jüngster Zeit keine großen Ergebnisse gezeigt“, sagte Putin gestern. Er hoffe wie alle Fans darauf, dass die Mannschaft „einen modernen, interessanten, schönen Fußball zeigt und bis zum Ende kämpft“. Von Siegen ist keine Rede mehr.

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