Handball HG Saarlouis steckt sich höhere Ziele

Saarlouis · Der Handball-Zweitligist startet in acht Tagen in die neue Saison – und setzt auf eine junge und extrem talentierte Mannschaft.

 Vereins-Chef Richard Jungmann (links) und Trainer Jörg Bohrmann, hier in der SZ-Sportredaktion, fiebern dem Saisonstart der HG Saarlouis entgegen.

Vereins-Chef Richard Jungmann (links) und Trainer Jörg Bohrmann, hier in der SZ-Sportredaktion, fiebern dem Saisonstart der HG Saarlouis entgegen.

Foto: Thomas Wieck

So spektakulär, wie die alte Saison zu Ende gegangen ist, so spektakulär soll die neue beginnen. Der Vorsitzende Richard Jungmann und Trainer Jörg Bohrmann können den Auftakt kaum erwarten. Nach dem Ernst-Thiel-Cup an diesem Wochenende, dem hochkarätig besetzten Vorbereitungsturnier in Merzig, tritt Handball-Zweitligist HG Saarlouis eine Woche später in der ersten Runde des DHB-Pokals beim Drittligisten TV Großwallstadt an. Wiederum eine Woche später beginnt die Liga mit der Partie bei der HSG Nordhorn-Lingen.

Genau zwei Monate ist das Saisonfinale der 2. Bundesliga her. Mit einem Höllenritt gegen TuSEM Essen (27:27 nach 8:15-Rückstand zur Pause) sicherte sich die HG in der ausverkauften Stadtgartenhalle den entscheidenden Zähler zum Klassenverbleib. Dass sie tatsächlich bis zum letzten Spieltag zittern musste – obwohl sie in den sieben Heimspielen zuvor 13:1 Punkte holte – war der ungemeinen Leistungsdichte der Spielklasse geschuldet. 34:42 Punkte, die beste Ausbeute der HG seit Einführung der ein­gleisigen 2. Liga, klingen eher nach Mittelfeld statt Abstiegskampf. „Was diese Enge angeht“, sagt Vereins-Chef Jungmann beim Besuch in der SZ-Sportredaktion, „wird sich in der neuen Saison nichts ändern.“ Trainer Bohrmann, einst Spieler bei der SG Wallau-Massenheim und dem TV Niederwürzbach, hält die 2. Bundesliga inzwischen für „so stark wie die 1. Liga zu meiner Zeit“.

Jungmann und Bohrmann sind ein eingespieltes Duo, sprechen von „gemeinsamen Zielen“, vermeiden, ihre Mannschaft einer zu großen Erwartungshaltung auszusetzen. Aber eines ist unverkennbar: die Vorfreude und eine wachsende Euphorie. „Ich bin jemand, der sich lieber höhere Ziele steckt, als bisher Erreichtes zu bestätigen“, sagt Bohrmann: „Wir haben uns als Team vorgenommen, den nächsten Schritt zu gehen. Und dazu gehört auch, ein paar Plätze nach oben zu klettern.“

Jungmann gefällt diese Herangehensweise. Und so sehr er sich um Zurückhaltung bemüht, gerät er doch ins Schwärmen: „Aus der Mannschaft der Zukunft, wie wir sie vor einem Jahr tituliert haben, soll die Mannschaft der Gegenwart werden. Die jungen Spieler haben allesamt ein, zwei Jahre Erfahrung gesammelt. Es ist möglich, drei bis fünf Plätze weiter oben zu stehen. Und warum soll nicht mal unseren jungen Wilden eine Überraschung gelingen?“ Also ein Mitmischen in der vorderen Tabellenhälfte.

Gründe für die Zuversicht gibt es einige. Etwa die Heimbilanz in diesem Jahr. Nur ein einziges Heimspiel hat die HG Saarlouis 2017 verloren (23:28 gegen Dessau am 25. Februar). Und Veränderungen in der Sommerpause bringen die HG voran. Mit dem bisherigen Abwehrchef Philipp Kessler (Co-Trainer) und Yannic Wilhelmi (Athletiktrainer) hat Bohrmann deutlich mehr Unterstützung. „Ein echter Mehrwert“, sagt der Cheftrainer.

Zudem ist der Kader breiter als in der Vorsaison – und mit ungemein viel Potenzial versehen. Sechs Spieler sind neu: Julius Lindskog Andersson (Fyllingen Bergen/Norwegen), Falk Kolodziej (HBW Balingen), Ar­thur Muller (Mulhouse), Pascal Noll (Bayer Dormagen) sowie die Ergänzungsspieler Maximilian Hartz (VTZ Saarpfalz) und Sven Klein (HSV Merzig-Hilbringen).

Beim Ernst-Thiel-Cup, wo die HG Saarlouis am Samstag auf den französischen Zweitligisten Grand Nancy Métropole (14.15 Uhr) und den Bundesligisten TSG Friesenheim (16.45 Uhr) trifft und am Sonntag (ab 14 Uhr) noch ein Platzierungsspiel bestreitet, werden Muller (Platzwunde) und Noll (Handbruch) fehlen. Muller ist in der Woche danach wieder dabei, Noll ab Mitte September. Trotzdem spricht Trainer Bohrmann von einer „sehr guten Vorbereitung“.

Ohnehin könnte das Verhältnis Trainer und Mannschaft ein entscheidender Faktor werden. Bohrmann betont immer wieder, mal bewusst, mal beiläufig, aber stets voller Überzeugung, wie charakterstark und leistungswillig seine Spieler seien. „Gute Jungs“, „feine Jungs“, nennt er sie. Die Stimmung innerhalb der Mannschaft sei „sehr, sehr gut“. Nicht nur, weil gemeinsame Ausflüge, wie etwa eine Quad-Tour am Mittwoch, Spaß machen. „Die Mannschaft arbeitet gut. Und wenn sie das tut, lasse ich ihr eine lange Leine“, sagt Bohrmann.

Eine Herausforderung mit Blick auf die ersten Ligaspiele in Nordhorn und dann zuhause gegen die DJK Rimpar (2. September) wird sein, die Abstimmung in Abwehr und Angriff hinzukommen. An der Abwehr haben Bohrmann und Kessler strukturell viel gearbeitet, mit Michael Schulz und Marcel Engels zwei Spieler auserkoren, die den Verbund zusammenhalten sollen. Schwieriger werden die Abläufe in der Offensive – mit drei neuen Rückraumspielern, dem Franzosen Muller sowie den Spielmachern Kolodziej und Andersson.

Der Schwede Andersson könnte zum neuen Schlüsselspieler der HG Saarlouis werden. Optisch kommt er mit seinen langen Jahren dem langjährigen Niederwürzbacher Publikumsliebling Staffan Olsson nahe, auf dem Feld besticht er laut Bohrmann „mit einer extrem hohen Spiel­intelligenz“. In Norwegen war Andersson bester Torjäger und bester Spieler (MVP) der 1. Liga.

Dass Andersson ausgerechnet in Saarlouis gelandet ist, liegt auch am guten Verhältnis zu seinem Vater Robert. Der ist Trainer des Bundesligisten HC Erlangen, und ihn kennt Bohrmann aus gemeinsamen Tagen in Dormagen. „Er hat den Schritt zu uns befürwortet“, sagt Bohrmann: „Denn bei uns kann Julius trotz seiner erst 23 Jahre sehr viel Verantwortung übernehmen. Dass er eine Mannschaft führen kann, hat er in Norwegen bewiesen. Und dass Julius deutsch spricht, ist natürlich ein ganz wichtiger Faktor.“ So gesehen verköpert Andersson, wie beispielsweise auch die deutschen U21-Nationalspieler Jerome Müller und Lars Weissgerber, den Weg, den die HG Saarlouis einschlagen will: jung, wild, erfolgreich.

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