Fünf Neulinge und die „Verwässerung“

Oliver Bierhoff hält mit seiner Abneigung gegenüber der aufgeblähten EM in Frankreich nicht hinterm Berg. "Die Turniere werden verwässert", sagt der Manager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft über die erste Europameisterschaft mit 24 statt bisher 16 Teams.

 Gareth Bale ist der einzige Superstar, den Außenseiter Wales aufbieten kann. Foto: suslin/dpa

Gareth Bale ist der einzige Superstar, den Außenseiter Wales aufbieten kann. Foto: suslin/dpa

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Ein Blick auf die fünf Neulinge stützt Bierhoffs Meinung. Wales dürfte die EM wegen Superstar Gareth Bale von Champions-League-Sieger Real Madrid fußballerisch bereichern. Aber sonst? Albanien, die Slowakei, der dritte deutsche Vorrundengegner Nordirland, Island - alles sympathische Mannschaften, aber . . .

Bierhoff vergleicht die um acht Teams erweiterte Endrunde mit der Gruppenphase der Champions League. Die findet er "auch nicht mehr so prickelnd", weil es höchstens in einer Staffel mal spannend werde. "Ähnlich dürfte es bei der EM sein", sagt Bierhoff. Im Grunde beginne das Turnier für den Weltmeister "erst so richtig mit der K.o.-Runde". Wobei: In Frankreich kommen, anders als in der Königsklasse, auch noch die vier besten Gruppendritten ins Achtelfinale (wie bei den WM-Endrunden 1986, 1990 und 1994). Nur die Gruppenletzten und die beiden schlechtesten Gruppendritten scheiden aus.

"Man muss sich überlegen, ob das mit Blick auf die Belastbarkeit der Spieler Sinn macht", sagt DFB-Sportdirektor Hansi Flick. Besagte Spieler sehen die Sache entsprechend kritisch. Als Fan würde er sich freuen, meint Weltmeister Thomas Müller , "noch mal ein Spiel mehr bei einer schönen Grillwurst. Aber für den Wettbewerb ist es nicht unbedingt von Vorteil." Mario Gomez denkt an die Fallhöhe für Favoriten: "Für die Kleinen ist es schön, weil sie die Chance haben, in die K.o.-Phase zu kommen. Aber für die Großen ist es ein Spiel mehr, in dem man ausscheiden kann."

Toll ist es aber auch für die Außenseiter nicht. Auf sie könnte nach dem letzten Gruppenspiel eine tagelange Wartezeit zukommen, bis sie wissen, ob sie als einer der besten Dritten weiterkommen - oder doch nach Hause müssen. Dabei nannte Michel Platini , der die Aufstockung als Uefa-Präsident betrieb, für die dritte Erweiterung nach 1980 (von vier auf acht) und 1996 (auf 16) den politischen Druck der "Fußball-Zwerge" als Grund. Von denen hat, wenn eine Wahl ansteht, jeder eine Stimme - wie beispielsweise auch der Deutsche Fußball-Bund, der größte Sportfachverband der Welt.

"Die Qualität der Spiele wird davon nicht beeinflusst", behauptet der inzwischen gestürzte Platini. Darüber lässt sich angesichts der Duelle Rumänien gegen Albanien oder Ukraine gegen Nordirland streiten. Platini argumentierte damals, es sei eben seine Aufgabe, "den Sport weiterzuentwickeln". Was er meinte: Geld zu verdienen. Eine 24er-EM bringt mehr Einnahmen, weil sich für sie noch mehr Fans interessieren. Das neu eingeführte Achtelfinale garantiert weitere acht Mal Nervenkitzel - und Zusatzgelder von Sponsoren und Fernsehen. Zudem kann der Gastgeber mehr Spielorte (in Frankreich zehn wie zuvor nur 2004 in Portugal) mit EM-Partien belohnen.

"Das Rad lässt sich wahrscheinlich nicht mehr zurückdrehen", meint Bierhoff. Im Gegenteil: Die Fifa mit Platinis früherem Adlatus Gianni Infantino an der Spitze diskutiert bereits eine Mammut-WM mit 40 Mannschaften.

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