Ein Leichtgewicht mit Zahnspange

Sotschi · An diesem Samstag gibt die 15-jährige Anna Seidel in Sotschi im Shorttrack-Rennen ihr Olympia-Debüt. Vor dem Start ist sie beeindruckt von den olympischen Dimensionen und hat Mühe, sich auf den Wettkampf zu fokussieren.

Anna Seidel sitzt in der Sonne und spielt mit ihrem Handy. Nichts deutet darauf hin, dass für die 15-Jährige an diesem Samstag in Sotschi die große Stunde schlägt. Doch die Gelassenheit des Olympia-Kükens ist nur äußerlich, in dem zierlichen Mädchen mit der funkelnden Zahnspange brodelt es.

"Ich bin total aufgeregt, Olympia überwältigt mich", sagt die 45 Kilogramm leichte Shorttrackerin aus Dresden. Neben ihr werden in der Eisberg-Arena vor 12 000 Zuschauern Weltstars aus Südkorea, China oder Kanada am Start sein. Bundestrainer Miroslaw Bojadschijew versucht, jeglichen Druck von seinem Schützling zu nehmen. "Ich habe ihr nur geraten, sie muss das ausblenden. Sie soll Olympia einfach genießen", erklärt der Bulgare.

"Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich als einzige deutsche Shorttrackerin für Olympia qualifiziere. Nun ist der Traum wahr geworden, und ich kann es noch immer nicht fassen", meint das Leichtgewicht, das so elegant und geschmeidig die Kurven im "Nudeltopf" der Shorttracker schneidet wie keine andere in Deutschland. "Bei Olympia will ich technisch gut laufen und vielleicht die zweite Runde schaffen", gibt sie als Ziel aus: "Das Gute ist, dass mir keiner den Kopf abreißt, wenn's nicht klappt."

Kurioserweise ist Olympia für sie nicht der Höhepunkt der Saison. Fünf Tage nach der Rückreise aus Sotschi fliegt sie nach Erzerum in der Türkei, wo sie bei der Junioren-Weltmeisterschaft ihre Leistungsentwicklung fortschreiben will. Danach geht es nach Montreal zur WM der Senioren. Stress pur, aber Seidel liebt es, durch die Welt zu reisen. Strapazen nimmt sie gern auf sich. Dass der Lernstoff dabei zu kurz kommt, liegt auf der Hand. "Meine Lehrer waren gnädig. Sie haben mir nicht viele Aufgaben mit auf den Weg gegeben", berichtet sie. Als ihre Stärke sieht die Hoffnungsträgerin des deutschen Kurzbahn-Eislaufs neben ihrer Wendigkeit ihre Unbekümmertheit. "Ich nehme nicht alles so furchtbar ernst", sagt sie. Aber ehrgeizig ist sie dennoch: "Ich möchte mindestens drei Mal bei Olympia dabei sein."

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