Bruhn darf gleich fünf Mal ran

Saarbrücken · Am Freitag beginnt im russischen Kasan die WM der Schwimmer auf der Langbahn – mit Annika Bruhn von der SSG Saar Max Ritter. Die 22-Jährige ist für einen Einzel- und vier Staffel-Starts vorgesehen.

 Annika Bruhn fiebert dem Weltmeisterschafts-Auftakt entgegen – sie ist für fünf Starts vorgesehen. Foto: Dietze

Annika Bruhn fiebert dem Weltmeisterschafts-Auftakt entgegen – sie ist für fünf Starts vorgesehen. Foto: Dietze

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Nahezu jedes Mal, wenn Annika Bruhn ins Wasser geht, schwimmt sie den anderen hinterher. "Hier bin ich eine der Langsamsten", sagt die 22-Jährige, während sie ihren Blick durch die Schwimmhalle der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken schweifen lässt. Sie lächelt kurz und meint dann: "Zumindest im Training." In den Wettkämpfen sieht das anders aus. "Ich bin einfach ein Wettkampf-Typ. Im Training ist das immer so eine Sache. Aber wenn es um etwas geht, kann ich alles andere abschalten."

Wie gut sie das kann, hat sie im April bei den deutschen Meisterschaften auf der Langbahn in Berlin gezeigt. Gold mit der 4 x 200-Meter-Freistilstaffel in deutscher Rekordzeit (8:07,89 Minuten) war nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen würde: Über 100 Meter Freistil hat Bruhn als einzige Starterin sowohl die Vorlauf- als auch die Endlauf-Norm für die Weltmeisterschaften auf Anhieb unterboten. Bei ihrem Sieg in 54,87 Sekunden feierte sie eine persönliche Bestleistung - ebenso wie bei ihrem zweiten Titel über 200 Meter Freistil in 1:58,55 Minuten. "Da habe ich aber die WM-Norm verpasst", hadert Bruhn ein wenig.

Und trotzdem: Mit fünf Starts bei den Weltmeisterschaften , die am kommenden Freitag beginnen, hat sie ein Ausrufezeichen in der Mannschaft des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) gesetzt. Bruhn geht im russischen Kasan über 100 Meter Freistil an den Start. Daneben ist sie für vier Staffeln vorgesehen: für die Freistil-Staffeln über 4 x 100 Meter, 4 x 200 Meter und 4 x 100 Meter mixed sowie für die Mixed-Staffel über 4 x 100 Meter Lagen.

Dass sie den Einzelstartplatz gesichert hat, ist ein großer Erfolg für Bruhn. Doch die internationale Konkurrenz wird ihr bei der WM kaum Chancen lassen. Daher gilt ihre Konzentration den Staffeln. "Wir müssen unter die besten Zwölf, um dem DSV einen Startplatz für Olympia zu sichern", erklärt sie: "Das wird hart."

Ihre Erinnerungen werden sie in Russland aber beflügeln. Erinnerungen an 2012, als sie mit erst 19 Jahren bei den Olympischen Spielen in London dabei war. "Vor dem Start wird man immer aufgeregter. Aber es ist mehr Vorfreude und Lust, endlich loszulegen", sagt Bruhn, während sie in ihren Gedanken versinkt. Sie sprang 2012 als dritte Schwimmerin der 4 x 200-Meter-Freistilstaffel ins Wasser . "Eine total krasse Atmosphäre. Als ich am Beckenrand angeschlagen habe, wollte ich gar nicht mehr aus dem Wasser raus", erzählt sie: "Im Nachhinein war es von der Zeit her zwar keine Top-Leistung, aber in diesem Moment war es das beste Rennen, das ich je gemacht habe."

Tatsächlich schwamm sie ihre Bestzeiten erst in diesem Jahr bei der deutschen Meisterschaft. "Ich habe mich in dieser Saison klar verbessert, obwohl ich eigentlich öfters krank war", meint Bruhn: "Vielleicht lag das auch an der Umstellung." Denn die Sportökonomie-Studentin ist vor knapp einem Dreivierteljahr nach Saarbrücken an die Sportschule gezogen. Sie kommt aus der 1000-Seelen-Gemeinde Kleiningersheim und ging im nahe gelegenen Stuttgart ihrem Training nach - bis dort der Landestrainer Reiner Tylinski kündigte und als Nationalcoach nach Kuwait zog. "Hier im Saarland war ich schon ein paar Mal zum Trainingslager", sagt Bruhn: "Ich wusste, dass hier vieles besser läuft."

In die Heimat kommt die Schwimmerin der SSG Saar Max Ritter nur noch selten. "Es lohnt sich nur, wenn ich ein ganzes Wochenende frei habe, und das ist selten der Fall", sagt sie. Doch auch wenn Bruhn ihre Freunde und die Eltern, die ebenfalls beide Schwimmer waren, vermisst, hat sie sich gut eingelebt - und das spiegelt sich in ihren Top-Zeiten wider. "In Stuttgart war die Motivation sehr schleppend, da war das Trainingsniveau am Ende nicht mehr hoch. Dort war ich dann noch eine der Schnellsten. Hier ist die Intensität viel höher. Jeder weiß, was er erreichen will." Sie lacht kurz, neigt ihren Kopf zur Seite. "Aber: Ich habe schon das Gefühl, dass ich mich hier auch im Training ein gutes Stück verbessert habe. Auch wenn die anderen oft schneller sind." Zumindest im Training.

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