Heftige Vorwürfe um Bestechung Der Amateurbox-Weltverband steht unter Druck

Lausanne · Immer neue Vorwürfe der Manipulation und Verschleierung gegen die Aiba. Das IOC diskutiert auf seiner Exko-Sitzung auch über den Olympia-Ausschluss.

 Der skandalumwitterte usbekische Aiba-Präsident Gafur Rachimow steht im Zentrum der Vorwürfe.

Der skandalumwitterte usbekische Aiba-Präsident Gafur Rachimow steht im Zentrum der Vorwürfe.

Foto: AP/Alexander Zemlianichenko

Der Ausraster von Boxer Michael Conlan bei Olympia 2016 in Rio ist legendär. Der Ire attackierte hasserfüllt das Kampfgericht, nachdem er in seinem Viertelfinale gegen den verbeulten Russen Wladimir Nikitin zum Verlierer erklärt worden war. „Sie werden immer Betrüger sein. Das Amateurboxen stinkt von der Basis bis zur Spitze“, wetterte Conlan.

Kurz darauf räumte der Amateurbox-Weltverband Aiba Fehler ein, suspendierte sämtliche 36 Offizielle, die in Rio im Einsatz waren. Aiba-Präsident Wu Ching-Ku leitete Untersuchungen ein, musste aber später wegen Misswirtschaft selber gehen. Sein Nachfolger Gafur Rachimow war dem IOC von Beginn an ein Dorn im Auge. Auf seiner an diesem Mittwoch beginnenden dreitägigen Exekutive-Sitzung in Lausanne berät das IOC über die Zukunft der Aiba bei Olympia.

Rachimow stellte am Wochenende zwar seinen Rücktritt in Aussicht, doch das Internationale Olympische Komitee (IOC) traut dem Braten nicht. Man geht davon aus, dass der Usbeke weiter hinter den Kulissen die Strippen zieht. Rachimow steht auch in der Kritik, weil er von US-Behörden als einer der führenden Kriminellen seines Landes eingestuft wird.

Das IOC hat die Aiba seit Rio im Visier. Der Olympia-Veranstalter stoppte die Vorbereitungen auf das olympische Boxturnier und zog in Erwägung, in Tokio 2020 ohne die Aiba auszukommen. Es wurde ein Ad-hoc-Ermittlungskomitee eingesetzt, dessen Bericht über Finanzen, Führung und Ethik in der Aiba der Exekutive vorgestellt wird.

Pünktlich zur Beratung im IOC kamen neue Vorwürfe ans Licht. Rachimow soll den früheren Aiba-Geschäftsführer Karim Bouzidi privat beschäftigt haben, der als Drahtzieher des Rio-Skandals galt und noch während der Olympischen Spiele 2016 gefeuert worden war. Während eine Aiba-Untersuchung Bouzidi freisprach, wird der Franzose durch jüngste Berichte von Le Monde und Bulgaria Today wieder belastet.

Zudem konnten Mitarbeiter beider Zeitungen offenbar Aufzeichnungen über ein Telefongespräch zwischen einem Punktrichter in Rio und einem mongolischen Funktionär abhören. Demnach soll der Mongole aufgefordert worden sein, rund 220 000 Euro zu zahlen, falls sein Boxer das Finale der Olympischen Spiele erreichen sollte. Nach all den ungeheuerlichen Anschuldigungen richtet sich der Blick nun mit Spannung auf die Ad-hoc-Kommission des IOC unter dem Vorsitz des Serben Nenad Lalovic, auch Präsident des Weltringerverbandes (UWW). Über ein Aiba-Aus könnte allerdings erst die Vollversammlung des IOC entscheiden, die erst wieder im Juni in Lausanne zur Session zusammenkommt.

Bei der Aiba gibt man sich mit Blick auf den Report trotz der neuen Vorwürfe auffallend gelassen. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, sagte der deutsche Box-Präsident Jürgen Kyas. Laut Kyas, der bis zum Jahr 2023 auch Mitglied der Aiba-Exekutive ist, habe der Box-Verband in den letzten Monaten große Fortschritte erreicht und müsse vor keinem Bericht Angst haben: „Die Finanzen sind konsolidiert, das Punktrichter-System reformiert und für unsere Anti-Doping-Bemühungen haben wir Lob von der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada bekommen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort