Antwort auf eine Einladung Royale Post aus England an Mister Klär

St. Wendel · Der Privatsekretär der Queen antwortet dem St. Wendeler Bürgermeister auf dessen Einladung zu einer Veranstaltungsreihe. Diese würdigt die Stammmutter der Windsors.

Bürgermeister Peter Klär liest in seinem Büro den royalen Brief aus dem Buckingham Palace in London.

Bürgermeister Peter Klär liest in seinem Büro den royalen Brief aus dem Buckingham Palace in London.

Foto: Evelyn Schneider

Der Aufdruck auf dem Kuvert wirkt simpel, gar nicht pompös. Und könnte dennoch Großes bedeuten. Vor einigen Wochen kam ein Umschlag im St. Wendeler Rathaus an, auf dem „Royal Mail“ zu lesen war. Post von der englischen Queen? Fast. Es ist Matt Magee, der erste Privatsekretär der Königin, der an „Mister Klär“ schreibt. St. Wendels Bürgermeister Peter Klär (CDU) deutet auf das Schriftstück aus dem Buckingham Palace in London. Dessen Wappen ziert den Kopf des cremefarbenen Papiers. Mit blauer Tinte hat Magee handschriftlich die Anrede und seine Unterschrift darauf hinterlassen. Der Rest ist mit Computer geschrieben. Darin heißt es: „Her Majesty“ sei es nicht möglich nach St. Wendel zu kommen. Sie hoffe, man sei nicht allzu enttäuscht.

Enttäuscht ist der Rathauschef keineswegs. Vielmehr freut er sich über den royalen Brief und die Tatsache, dass die Queen das Schreiben aus dem St. Wendeler Rathaus tatsächlich gelesen hat. Das habe man ihm versichert. Bereits Ende 2018 schickte Peter Klär auf edlem Papier eine Einladung in den Buckingham Palace. In diesem Jahr wird der 200. Geburtstag von Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, dem Ehemann der englischen Königin Victoria, gefeiert. „Das nehmen wir hier in St. Wendel zum Anlass, seiner Mutter zu gedenken“, erläutert Klär. Und das ist keine Geringere als Herzogin Luise. „Die Stammmutter der Windsors, wie wir gerne sagen.“ Somit hat der Bürgermeister die Queen quasi zur Ahnenforschung und konkret zu einer geplanten Veranstaltungsreihe unter dem Motto „Herzogin Luise – die Vorfahrin der Windsors in St. Wendel“ eingeladen. Die muss nun also ohne royalen Glamour über die Bühne gehen. Oder? „Es steht in dem Schreiben  ja nur, dass die Queen selbst nicht kommen kann“, wittert Klär noch immer Chancen. Sollte sich jemand aus dem Königshaus spontan zu einem Besuch in St. Wendel entschließen, hier sei alles vorbereitet für den Fall der Fälle. Außerdem hat Klär noch Andreas Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha angeschrieben. Der hat sein Kommen schon mal mündlich angekündigt.

Wer beim Bummel durch St. Wendel seinen Blick schweifen lässt, der bleibt immer wieder an dem Namen „Luise“ hängen – ob nun bei einem Hotel, einer Apotheke oder einer Straße. Keine Frage, die Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld hat ihre Spuren hinterlassen. Und zwar nicht nur im Stadtbild. „Wir wollen ihr Wirken in Bezug auf die Bevölkerung ins Bewusstsein rufen“, nennt Klär einen Grund für die Veranstaltungsreihe. Diese dauert vom 16. April bis zum 9. Juni und bietet mehr als zehn Programmpunkte.

Diese sollen das Leben der Herzogin Luise in verschiedenen Facetten zeigen. Eine Adlige als Mode-Ikone, Landesmutter und Wohltäterin. Der Anlass, der die junge Frau im November 1824 nach St. Wendel führte, war zunächst kein schöner. Sie hatte sich von ihrem Mann, Herzog Ernst III. von Sachsen-Cofeld-Saalfeld getrennt, musste in der Folge in der Kreisstadt leben, die mit ihrem  Umland damals als Fürstentum Lichtenberg zum Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha gehörte. Ihr wurde der Kontakt zu ihren Söhnen, Ernst und Albert, untersagt, was die Mutter schwer traf. 1826 heiratete Luise einen Grafen und blieb – von Reisen abgesehen –  bis 1831 in St. Wendel. Gesundheitlich angeschlagen, ging es für die Herzogin nach Paris. Dort diagnostizierten die Ärzte eine Krebserkrankung in fortgeschrittenem Stadium.  Ende August 1831 starb Luise in der französischen Metropole. Ihr Sohn Albert heiratete 1840 die englische Königin Victoria. Dadurch erhielt das Königshaus den Namen Saxe-Coburg und Gotha – bis zum Ersten Weltkrieg. Danach wurde er von König Georg V. aus politischen Gründen in Windsor umgeändert – benannt nach einer englischen Stadt.

„Es ist eine interessante Biografie mit dramatischen Zügen“, findet Stadt-Pressesprecher Volker Schmidt. Daher haben sich Mitarbeiter des städtischen Archivs und Film-Teams zusammengetan, ein Drehbuch entworfen und schließlich einen achtminütigen Film gedreht. Darin kehrt Luise in das heutige St. Wendel zurück und begibt sich auf Spurensuche. Gleiches sollen wiederum die Besucher tun, wenn sie durch die Ausstellung „St. Wendel zur Zeit von Herzogin Luise“ im Mia-Münster-Haus schlendern. Auch Vorträge, Workshops, ein Konzert oder ein Theaterstück gehören zum Programm. „Es sind viele verschiedene Themen, die eine Rolle spielen. Das macht die Reihe interessant“, sagt Schmidt.

Zum Auftakt treffen sich der Schirmherr, Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), und geladene Gäste im Mia-Münster-Haus. „Dann werden wir auch die neue Herzogin-Luise-Stiftung vorstellen“, verrät Peter Klär. Diese soll an eine weitere Facette der Herzogin erinnern – ihr Engagement für jene, die nicht so gut gestellt waren. „Sie zahlte regelmäßig Geld in die Armenkasse ein“, weiß der Verwaltungschef.  Jährlich 2000 Gulden, was dem Jahresgehalt eines höheren Regierungsbeamten entsprach. Das sei für eine Adlige außergewöhnlich gewesen.

Der Stiftungsertrag – so ist es festgeschrieben – soll jedes Jahr sozialen Zwecken zugute kommen. Dass eine solche Stiftung überhaupt gegründet werden kann, verdankt die Stadt St. Wendel einem ihrer Bürger, der ungenannt bleiben möchte. Er hat das Geld gestiftet. „Es war sozusagen sein letzter Wille, alles Vermögen der Stadt zu überlassen, die damit soziale Zwecke erfüllen soll“, erläutert Klär. Und da diese Geste der Herzogin Luise quasi auf den Leib geschnitten sei, trägt die Stiftung ihren Namen.

Die ganze Stadt, so sagt Klär, wird während der Feierlichkeiten entsprechend geschmückt sein. „Als St. Wendeler können wir stolz sein, dass eine solch’ bedeutende Persönlichkeit hier gelebt und vor allem auch ihre Spuren hinterlassen hat“, findet der Bürgermeister. Die Kreisstadt sei reich an Geschichte. Einen Teil davon können die Menschen während der Veranstaltungsreihe entdecken.

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