Mit Holzschläger und Krawatte

St Wendel · Der Tennisclub Blau-Weiß St. Wendel feiert am Samstag, 3. Mai, sein 110-jähriges Bestehen, und ist somit der älteste Tennisverein im Saarland. Innerhalb eines Jahrhunderts mussten die Spieler mehrfach umziehen, bis sie 1974 im Sportzentrum sesshaft geworden sind.

 Tennis anno 1920 – gespielt wurde in langen Hosen. Fotos: Verein

Tennis anno 1920 – gespielt wurde in langen Hosen. Fotos: Verein

Die Spielerinnen trugen einen weißen Rock und ein weißes Oberteil. Die Männer erschienen in einer langen weißen Hose, weißes Oberhemd mit Krawatte oder Fliege. Mit einer Modeschau um die Jahrhundertwende hatte das nichts zu tun, sondern so sah im Jahre 1904 die Kleidung eines Tennisspielers aus.

1902 gründete sich der Deutsche Tennisbund, zwei Jahre darauf gingen in St. Wendel die ersten Tennisspieler mit einem Holzschläger ans Netz. Somit ist der Tennisclub (TC) Blau-Weiß St. Wendel der älteste Tennisverein im Saarland. "Ein weiter Weg war es von den ersten Gehversuchen im Tennis, zu Zeiten als es noch einen Kaiser gab, bis zu unserem heutigen modernen Tennissport in der Sportstadt St. Wendel", sagt Joachim Meier, seit 1993 Vorsitzender des TC Blau-Weiß. Rund 90 Jahre vor ihm, war es der Möbelhändler Robert Brachetti, der Pionier des weißen Sports, der den Verein in der Gründerzeit anführte. Die ersten Bälle wurden auf einem Sandplatz auf dem Gudesberg geschlagen, ein größeres Gartenhäuschen war das Clubheim. Dann ließ der Erste Weltkrieg keine Ballwechsel zu.

In den 1920er-Jahre konnte der Schläger wieder geschwungen werden, der damalige Landrat von Aschoff stellte seinen eigenen Tennisplatz hinter dem Landratsamt dem TC zur Verfügung- aber nicht für lange. Die Anlage wurde für eine anderweitige Nutzung gebraucht, und der Verein musste 1925 in den Wingert umziehen. Dort war ein dem Hospital gehörendes Gelände gepachtet worden, es entstanden zwei neue Plätze und drei Jahre später ein kleines Clubhaus. Die nationalsozialistische Zeit ging am Tennisclub nicht spurlos vorüber. Die Vereinssatzung musste geändert werden, damit "die leibliche und seelische Erziehung im Geiste des nationalsozialistischen Volksstaates" erfolgen konnte.

Als 1940 keine Tennisbälle mehr produziert werden konnten, weil die Rohstoffe für die Kriegswirtschaft gebraucht wurden, endete der Spielbetrieb ein Jahr später. Auf Anregung des französischen Stadtkommandanten wurde am inzwischen abgerissenen Hildegardisheim, unterhalb des heutigen Postamtes, ein neuer Tennisplatz gebaut, auf dem die ersten Turniere stattfanden.

Ab 1949 kam der Nachwuchs dazu. Zwischen 1949 und 1957 wurden die Pfingstturniere mit viel Prominenz über die Kreisgrenzen hinaus bekannt. 250 Zuschauer fasste die Holztribüne. "Früher war Tennis noch weiß und ein elitäres Freizeitvergnügen für Reiche. Heute dagegen, zeichnet er sich durch Athletik aus, ist bunter geworden und wird von Jedermann gespielt, und das ist gut so", freut sich der Vorsitzende Meier. Noch einmal zog der Verein wieder in den Wingert zurück. 1974 fand der Tennisclub am Sportzentrum sein endgültiges Domizil. Heute befinden sich hier zehn Außenplätze, eine Drei-Feld-Tennishalle und ein Clubhaus.

 Spielbetrieb beim TC-Blau-Weiß in den 1980er Jahren.

Spielbetrieb beim TC-Blau-Weiß in den 1980er Jahren.

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Auf einen BlickDer Tennisclub (TC) Blau-Weiß St. Wendel hat 312 Mitglieder. 17 Mannschaften und eine Hobbygruppe gehen ans Netz. Insgesamt spielen über 100 Jugendliche im Verein. Zweimal pro Woche geht der TC zu den Kids in den Hospitalkindergarten. Seit 2014 leitet die Tennisschule Pavel Miksovsky das Projekt "Kids in Bewegung" im Kindergarten.Am Samstag, 3. Mai, feiert der TC Blau-Weiß St. Wendel sein 110-jähriges Bestehen mit einem Frühlingsfest auf der Anlage im Sportzentrum. Schirmherrin ist Innenministerin Monika Bachmann. Das Programm: 10 Uhr Schnuppertennis mit der Tennisschule Pavel Miksovsky, 13 Uhr Schleifchenturnier, 16.30 Uhr Tennis mit Feinsten, zu Gast ist mit der aus Oberkirchen stammenden Katharina Hobgarski (16) eines der hoffnungsvollsten Talente in Saarländischen Tennisbund, 18 Uhr Festakt mit Programm. "Zauberhaftes Tennis" zelebriert Zauberer Martin Mathias. frf

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