„Ausufernder Vandalismus“

Heidstock · Fastnacht feiern: gerne. Aber bitte ohne Vandalismus, ohne Müll und Scherben in Anwohner-Vorgärten, ohne alkoholbedingte Aggressionen: Das wünschen sich Anwohner des Heidstocker Umzugs für die Zukunft.

 Es ist wieder aufgeräumt am Heidstocker Pestalozziplatz (links im Hintergrund die Mehrzweckhalle) – ob die vergessene Mülltüte vorn noch vom Fastnachtsumzug stammt? Foto: Becker & Bredel

Es ist wieder aufgeräumt am Heidstocker Pestalozziplatz (links im Hintergrund die Mehrzweckhalle) – ob die vergessene Mülltüte vorn noch vom Fastnachtsumzug stammt? Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Pastor Robert Kloppenburg von der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde auf dem Heidstock schätzt die Fastnacht als Kulturgut und gönnt den Menschen die Freude am geselligen Treiben. Kein Verständnis hat er allerdings für neuerliche Auswüchse beim Umzug am Samstag, die wohl im Gleichgang mit übermäßigem Alkoholkonsum standen. In einem Brief an Stadtverwaltung, Veranstalter (Aktionsgemeinschaft Heidstock), Sicherheitsbeirat und Medien berichtet Kloppenburg von Aggressionen, Beschimpfungen, "ausuferndem Vandalismus" und Lärmbelästigungen, die vor allem von Jugendlichen ausgingen und sich bereits am Mittag vor dem Umzug auf den Straßen und auf Privatgrundstücken ereigneten.

Die Polizeiinspektion (PI) Völklingen hat zwar nicht von all diesen Ereignissen Kenntnis, hatte dem Vernehmen nach an diesem Tag in dem Stadteil aber "genug zu tun", auch mit Körperverletzungen.

Kloppenburg spricht von einem "jährlichen Ärgernis", das "von den Anliegern scheinbar stillschweigend geduldet werden" solle. Es sei aber zu fragen, ob man dieses Szenario verantworten könne. Kloppenburgs Anregung: Wer nicht für die Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit sorgen könne, der dürfe auch keine Veranstaltung durchführen.

Verständnis findet er bei Werner Michaltzik, dem Sprecher des Sicherheits-Beirates. Der frühere Völklinger Polizeichef kritisiert, dass seine seit Jahren vorgebrachte Forderung nach Alkoholabgabeverbot aus den Umzügen heraus nicht erfüllt werde. Folge seien "komatöse Schnapsleichen, viel Unrat und Scherben und Erbrochenes, da kommt die Stadtreinigung kaum nach". Leider lobe das lokale Fernsehen ausgerechnet die "hübsche" Schnapsverteilung an das Umzugspublikum. Der Stadt Völklingen fehle aber der Mut und die Entschlossenheit, derlei zu verbieten.

Auf Anfrage unserer Zeitung teilte Stadt-Sprecher Uwe Grieger mit, man bedauere, wenn "einige Personen" eine Traditionsveranstaltung mit rücksichtslosem Verhalten störten. Die Stadt tue ihr Bestes, um für Sauberkeit zu sorgen, und im nächsten Jahr wolle man mit allen Verantwortlichen im Vorfeld versuchen, die Auswüchse einzudämmen, und zwar in Zusammenarbeit mit der Polizei.

Diese hätte nach eigenem Bekunden nicht die Kapazität, bei einem Umzug "alle zehn Meter einen Beamten" zu postieren. Jörg Hiry, stellvertretender Leiter der PI Völklingen, wies im SZ-Gespräch darauf hin, dass eine Kommune mit Ausschankgenehmigungen, Auflagen an Veranstalter und Teilnehmer, mit professionellen Sicherheitsdiensten und auch dem eigenen Ordnungsdienst viele Möglichkeiten habe, Exzesse zu unterbinden und zu verfolgen. Völlige Ordnung zu erwarten, erscheint Hiry allerdings "vielleicht etwas weltfremd". Anders als eine Hallenveranstaltung sei ein kilometerlanger Umzug nicht mit Einlasskontrollen zu sichern. Und selbst wenn aus dem Zug heraus kein Alkohol fließe, so kämen viele junge Leute bereits angetrungen - "vorgeglüht" - dort hin. Dagegen gebe es keine Verfügung, jedenfalls keine, die man auch umsetzen und kontrollieren könne.

Der Vorstand der Aktionsgemeinschaft Heidstock (AGH) war am Dienstag und gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

 Rote Rosen, Konfetti-Böller und farbenfroh gekleidete Gardemädchen: So sah am Samstag die liebenswürdige Seite des Heidstocker Fastnachtsumzugs aus. Foto: Jenal

Rote Rosen, Konfetti-Böller und farbenfroh gekleidete Gardemädchen: So sah am Samstag die liebenswürdige Seite des Heidstocker Fastnachtsumzugs aus. Foto: Jenal

Foto: Jenal

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HintergrundIn seinem Brief, der sehr sachlich abgefasst ist, schildert Pastor Robert Kloppenburg unter anderem Folgendes: "Schon um die Mittagszeit trafen sich ganze Gruppen verkleideter Besucher auf dem Grundstück unseres Gemeindezentrums (Ecke Klausener-/Neckarstraße), ausgestattet mit Kisten voller Bier und Taschen mit Wodka und anderen harten Getränken. Mit der Bitte, die leeren Flaschen nicht zu zerschlagen, sondern ganz zu lassen und die Scherben einzusammeln, stieß ich auf taube Ohren. . . . . Nach dem Umzug parkte einer der Umzugswagen vor unserem Gemeindehaus in der Klausenerstraße, hielt dort einige Zeit mit lauter Musik. Dann entsorgten sie von ihrem Wagen aus große Kartons auf unser Grundstück und die Wiese der gegenüberliegenden katholischen Kirche. Die Kartons waren voller leerer kleiner Schnapsflaschen, leerer Dosen, matschigem Obst und ungefähr sechs Packungen mit Riesen-China-Böller D. . . . . Dann wurde an unserem Wohnhaus in der oberen Etage eine Scheibe eingeschmissen." red

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