Sehnsucht, Sex und Sushi

Saarbrücken. Japaner die Sushi von nackten Frauenkörpern essen, sich dabei mit ihren amerikanischen Gästen betrinken, um gute Geschäfte machen zu können. Dann auch noch Fischmarkt und Love-Hotel - mehr Klischee gehe ja fast nicht. Das sei "an den Haaren hebeigezogen". Das Bild, das die Deutschen von Japan haben, stimme eh nicht

Saarbrücken. Japaner die Sushi von nackten Frauenkörpern essen, sich dabei mit ihren amerikanischen Gästen betrinken, um gute Geschäfte machen zu können. Dann auch noch Fischmarkt und Love-Hotel - mehr Klischee gehe ja fast nicht. Das sei "an den Haaren hebeigezogen". Das Bild, das die Deutschen von Japan haben, stimme eh nicht. Und durch diesen Film der Spanierin Isabel Coixet werde es nicht besser, befürchtet Manfred Krischek.

Krischek ist von Amts wegen um das Japanbild der Deutschen besorgt. Er ist Präsident der Deutsch-Japanischen Gesellschaft im Saarland. Und was ihm Sorge macht, ist "Die Karte der Klänge von Tokio", den Film, den er sich gerade mit Hideki Yamaguchi und Sascha Fischer, zwei seiner Mitgesellschafter, angesehen hat.

Krischek hat lange in Japan gelebt, seine Kinder sind dort geboren. Was die Spanierin da auf die Leinwand gebracht hat, sei nicht sein Tokio. Das sei "ein Film von Westlern für Westler", so wie "Madame Butterfly" eine Oper von einem Westler, in diesem Fall Giacomo Puccini, für Westler sei.

Hideki Yamaguchi ist ein westlicher Asiate, ein Japaner mit deutschem Pass. Und er sieht das ganz locker. Die Regisseurin habe ja das Recht, ihre Eindrücke aus Tokio zu zeigen und ihre Geschichte zu erzählen. Und diese Geschichte einer jungen japanischen Killerin, die sich in den Mann verliebt, den sie töten soll, die diesem Spanier in der Fremde durch Sehnsucht und Sex das Leben rettet, statt es ihm durch eine Kugel zu nehmen, ist dann doch offenbar sehr japanisch.

Die Regisseurin habe vor dem Filmdreh wohl japanische Mangas gelesen, sagt Krischek selbst. Der Film habe so "getrieft vor Todessehnsucht" wie viele dieser kitschigen japanischen Zeichentrickgeschichten.

Ein Selbstmord, der Auslöser für den Mordauftrag im Film ist, sei auch nicht ganz unjapanisch, sagt Sascha Fischer. Fischer hat einige Jahre in Japan gelebt und studiert, er übersetzt japanische Literatur ins Deutsche. "Japan hat eine besonders hohe Selbstmordrate", erklärt er. In der Nähe von Tokio gebe es sogar "einen Wald, in den die Leute gehen, um sich aufzuhängen".

Und dann die Love-Hotels. Hotels, deren Zimmer wie andere Welten wirken - zum Beispiel wie ein Wagen der Pariser Metro. Welten, in die Japaner abtauchen, in denen sie mit Menschen, die sie womöglich eben erst kennengelernt haben, "Liebe machen" - um dann in die reale Welt zurückzukehren, als sei nichts gewesen, erklärt Krischek. "Kein anders Kulturvolk der Welt hat hat so viele Menschen, die ein Doppelleben führen, wie das japanische. Oft merken die Frau und die Geliebte erst am Grab des Mannes etwas voneinander", weiß Krischek.

Aber das sei eben nicht die ganze Wahrheit über Japan. Gibt es die überhaupt? Der Verdacht wird genährt: Es gibt keine Wahrheit, es gibt nur Geschichten. Und die, die Isabel Coixet erzählt, ist sehenswert.

"Eine Karte der Klänge von Tokio" läuft im Filmhaus, Mainzer Straße, bis zum 28. September täglich um 18 Uhr, am 29. September um 17.30 Uhr.

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