„Kunst ist das Hervorheben des Alltäglichen“

Völklingen/ Saarlouis/ Wallerfangen · Reste liebt sie und hat damit immer ihre Bilder im Blick. Trotz ihrer 88 Jahre ist Hildegard König-Grewenig von einer überschäumenden Vitalität, die auch in ihre Werke einfließt. Gerade hat sie ihr Völklinger Atelier für eine aktuelle Ausstellung geöffnet.

 Schmetterlinge haben es Hildegard König-Grewenig besonders angetan. Das Insekt ist vielleicht deshalb so faszinierend für die Künstlerin, weil es unter anderem auch als Sinnbild der Unsterblichkeit und der Transformation der Seele gilt. Foto: Rolf Ruppenthal

Schmetterlinge haben es Hildegard König-Grewenig besonders angetan. Das Insekt ist vielleicht deshalb so faszinierend für die Künstlerin, weil es unter anderem auch als Sinnbild der Unsterblichkeit und der Transformation der Seele gilt. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Hildegard König-Grewenig ist mit ihren 88 Jahren jung geblieben, dazu eigenwillig, eigensinnig, beeindruckend, ja mit ihrer geistigen Frische und sprühenden Fröhlichkeit begeisternd und mitreißend. Am vergangenen Wochenende hatte die in der Region längst bekannte Persönlichkeit zu "Tagen des offenen Ateliers" in die Kühlweinstraße 85 geladen, wo sie ihre Ausstellung unter dem Thema "Anregend oder aufregend" präsentierte. Zwar lebt die ehemalige Religionslehrerin, Buchautorin, Pfarrersfrau, Bundesverdienstkreuz-Trägerin in Wallerfangen , doch das ererbte Haus "Hildegard" in Völklingen krempelte sie vor acht Jahren zu ihrem Atelier um.

Hier entstehen ihre Bilder, vielseitig und wandlungsfähig, aber immer hintergründig und mit eigener Aussage. Auch ihre Trauer nach dem Tod ihres Mannes, dem Saarlouiser Pfarrer Heinz König, hat sie in ihren Bildern verarbeitet, sich aber auch mit vielen anderen Themen auseinandergesetzt: Krieg, Terror, Holocaust, Israel, Dritte Welt, Afrika, Frauen, Welt, All, Galaxien. Dabei setzt sie gerne auf Symbolik, und das quer durch (fast) alle Themenbereiche, wobei sie auch verschiedene Materialien verwendet. Gerne greift sie auf "Reste" zurück - nutzt sie kreativ und schafft mit erstaunlichem Minimalismus beeindruckende Kunstwerke . Aus einem halbierten runden Tablett fügte sie aus den beiden Hälften ihr Kunstwerk "Trenn-Kost" zusammen, aus einem kaputten Schirm entstand ein Zepter, aus der Metallfeder einer Matratze das Kunstwerk "Mann und Frau", und aus Metallresten hat sie ihren "Draht-engel" auferstehen lassen. Ihre Bilder beschäftigen sich aber auch mit Trauer , Krieg, Entsetzen, Chaos, den Jahreszeiten, dem Leben, der Welt, dem Universum - und vielem, was sie täglich sieht, erlebt oder was ihr manchmal so ganz plötzlich in den Sinn kommt. "Es bleibt ein Rest, - aber aus Resten kann man viel machen", meinte sie doppelsinnig mit der ihr eigenen Symbolik bei der Präsentation ihrer Kunstwerke . Kunst ist für sie auch das Hervorheben des Alltäglichen. Einen ganz besonderen Bezug hat sie, ausgehend von ihrer Religiosität und theologischen Ausbildung, schon früh zu Israel, der jüdischen Kultur und Religion, entwickelt. Das zeigt sich nicht nur in ihren Kunstwerken, sondern auch in ihrem Engagement über lange Jahre als Leiterin der Saarlouiser Synagogen-Gedenkstätte und als Synodalbeauftragte des Kirchenkreises Völklingen.

Dass ihr "Tag des offenen Ateliers" auf so großes Interesse gestoßen war, hat Hildegard König-Grewenig nicht erwartet, aber umso mehr gefreut. "Ohne die Unterstützung meiner Tochter Ruth hätte ich das, wie überhaupt mein gesamtes künstlerisches Schaffen, niemals stemmen können," betonte die Künstlerin. Eine eigene Internet-Seite besitzt sie nicht, das machen die Augen nicht mehr mit, sagt sie. Ansonsten lebt sie frei nach dem Schriftsteller Franz Kafka , dass nur der, wer sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu entdecken, ewig jung bleiben wird.

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