Nicht blind dem Zeitgeist folgen

Lettow-VorbeckNicht blind dem Zeitgeist folgenZur Diskussion um die Von-Lettow-Vorbeck-Straße in Saarlouis in Berichten und Leserbriefen Verfolgt man die Debatte über die Umbenennung der "Von-Lettow-Vorbeck-Straße", so ist das einzig Positive dieses Streites, dass man sich des Generalmajors überhaupt noch erinnert

 1956, im Jahr seiner Ernennung zum Saarlouiser Ehrenbürger, nahm General Paul von Lettow-Vorbeck (sitzend) an einem Bundestreffen der Ehemaligen des "Afrika-Korps" in Düsseldorf teil, hier mit General Albert Kesselring (links) und Lucie Rommel. Foto: dpa

1956, im Jahr seiner Ernennung zum Saarlouiser Ehrenbürger, nahm General Paul von Lettow-Vorbeck (sitzend) an einem Bundestreffen der Ehemaligen des "Afrika-Korps" in Düsseldorf teil, hier mit General Albert Kesselring (links) und Lucie Rommel. Foto: dpa

Lettow-VorbeckNicht blind dem Zeitgeist folgenZur Diskussion um die Von-Lettow-Vorbeck-Straße in Saarlouis in Berichten und Leserbriefen Verfolgt man die Debatte über die Umbenennung der "Von-Lettow-Vorbeck-Straße", so ist das einzig Positive dieses Streites, dass man sich des Generalmajors überhaupt noch erinnert. Ulrich Meisser ist zuzustimmen, wenn er die im heutigen Deutschland so gern angeführte politische Korrektheit in Frage stellt. Natürlich war Paul Emil von Lettow-Vorbeck kein Musterdemokrat. Aber wie viele Deutsche konnten das denn zu dieser Zeit von sich behaupten? Wie viele der fast 44 Prozent der Deutschen im Jahre 1933, die Hitler ihre Stimme gaben (ohne Zwang!), standen denn noch 1949, bei Gründung der Bundesrepublik, zu ihrer damaligen Entscheidung? Waren sie etwa alle mit Gründung der BRD zu überzeugten Demokraten geworden, oder verhalf ihnen nicht auch die bereits erwähnte politische Korrektheit zu ihrer Umorientierung? Nein, im Blick zurück fällt es leicht, den mahnenden Finger zu erheben. Wer für sich behauptet, dass er damals schon so gehandelt hätte, wie er es heute zu tun pflegt, stellt sich moralisch über seine Eltern und Großeltern. Ich hätte nicht gerne unter den damaligen politischen Verhältnissen gelebt. Doch kann ich für mich leider nicht ausschließen, dass ich unter den Zeit-Umständen nicht auch verführt worden wäre. Lettow-Vorbeck weigerte sich, an Hitlers Herrschaft teilzuhaben. Er lehnte sowohl den Beitritt zur NSDAP ab als auch das ihm angebotene Reichskolonialministerium. Zudem zog er durch regimekritische Äußerungen den Unmut der NS-Führung auf sich. Dunklere Flecken auf seiner Weste lassen sich natürlich auch finden. Sie sollten nicht verschwiegen werden. Es ist jedoch nicht redlich, sich einseitig auf diese einzuschießen. Falls es noch nicht bis zu den Hobbyhistorikern im Saarlouiser Stadtrat durchgedrungen sein sollte: Ludwig XIV., in dessen Glanze sich die Stadt so gerne zu sonnen pflegt, ist von der Geschichtsforschung bisher nicht als gedanklicher Vater der Westminster-Demokratie ausfindig gemacht worden. Eine Verleugnung Lettow-Vobecks befeuerte nur noch weiter die ohnehin schon grassierende Geschichtsvergessenheit in diesem Lande. So lange der Name des Generalmajors noch im Stadtbild der Kreisstadt zu finden ist, gerät auch die mit ihm verbundene Geschichte nicht ins Abseits. Nein, wir sollten nicht blind dem Zeitgeist folgen, denn dieser führt auf direktem Wege in die Beliebigkeit. Christian Braun, Rehlingen-SiersburgEs gab damals auch ein anderes WeltbildZum Beitrag von Norbert Breuer-Pyroth (5. November)Was hat die Saarbrücker Zeitung sich gedacht bei der Wiedergabe eines derart wirren Beitrags zur Lettow-Vorbeck-Diskussion in Saarlouis aus der Feder von Herrn Norbert Breuer-Pyroth? Dieser von Herrn Breuer hochgelobte Lettow-Vorbeck war - nicht nur nach heutiger Geschichtsauffassung - ein Kriegsverbrecher, ein Massenmörder, ein Rassist und ein Unterstützer des Nationalsozialismus, was Herr Breuer nicht sehen will. Lettow-Vorbeck hat seine Untaten in einer Zeit vollbracht, in der der von Herrn Breuer erwähnte Albert Schweitzer (1875-1965) ebenfalls in Afrika wirkte, allerdings nicht als Mörder der Schwarzen, sondern als deren Arzt. Es gab also schon damals Männer, die ein anderes Weltbild hatten. Die Grausamkeiten eines Lettow-Vorbeck mit dem Geist der damaligen Zeit zu entschuldigen ist zu kurz gedacht. Die Stadt Saarlouis hat keinen Grund, auf seinen ehemaligen Bürger stolz zu sein.Fred Engel, WallerfangenDieser Vergleich hinkt nichtZum Leserbrief "Historische Vergleiche hinken" (5. November) Historische Vergleiche können hinken. Im Leserbrief von Ulrich Meisser hinken sie nicht. Herr Berthold Gross ist lediglich mit der Meinung eines Sachkundigen nicht einverstanden. Meissers Leserbrief "rührend und naiv zugleich" zu nennen, ist schlicht arrogant. Was ist falsch daran, Lettow-Vorbecks Handeln mit Vauban und Marschall Ney zu vergleichen? Vauban,Offizier unter einem brutalen Feudalherrscher, hat in den Reunionskriegen mehr deutsche, belgische und luxemburgische Städte zerstört als Bastionen um Frankreich errichtet. Selbst ohne Krieg ließ er 1687 Wallerfangen zerstören, um das von ihm gebaute Saarlouis mit den Vertriebenen zu besiedeln. Und Ney? Er diente unter Napoleon, der ganz Europa bis Moskau verwüstete. Als Divisionskommandeur hat Ney Mannheim überfallen und ist verantwortlich für die Zerstörung der Stadt. Fazit: Stehen wir zu unserer Geschichte und passen Orts- und Straßennamen nicht dem gerade herrschenden Zeitgeist an. Horst Christiany, Überherrn

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