Vom gefeierten Helden zum brutalen Nationalisten

Saarlouis · General Lettow-Vorbeck erlebte posthum einen tiefen Fall: Seine Geburtsstadt Saarlouis gab nach ihm benannten Straßen und Brücken neue Namen. Dabei hatte er als Verteidiger der deutschen Kolonien doch lange einen guten Ruf.

Lange war man in Saarlouis stolz auf den Sohn der Stadt, den "genialen Feldherren" General Paul Emil von Lettow-Vorbeck (1870-1964). Nach ihm wurden eine Straße und eine Brücke benannt, 1956 bekam er die Ehrenbürgerschaft. Auch eine Tafel prangt an dem Haus, in dem der "unbesiegte ritterliche Verteidiger Deutsch-Ostafrikas im Weltkriege" geboren wurde. Doch in den 1980ern kamen Zweifel auf, eine Brücke wurde umbenannt: Es kam zu einer Neubewertung der Person.

1901 beteiligte sich Lettow-Vorbeck in China an der Niederschlagung des Boxeraufstandes. Drei Jahre später meldete er sich freiwillig zur deutsch-kaiserlichen Schutztruppe, um den Herero-Aufstand in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) zu bekämpfen. Die militärische Aktion unterstand Lothar von Trotha, der gezielt einen brutalen Vernichtungskrieg führte. Über 60 000 Hereros und 10 000 Nama kamen um. Lettow-Vorbeck verteidigte das rassistische Vorgehen auch noch 1957 in seiner Autobiografie: "Ich glaube, dass ein Aufstand solchen Umfangs erst mal mit allen Mitteln ausgebrannt werden muss. Der Schwarze würde in Weichheit nur Schwäche sehen". Als Lettow-Vorbeck im Ersten Weltkrieg der Schutztruppe als Kommandeur vorstand, verteidigte er die deutschen Kolonien in Ostafrika mit verlustreichen Militär-Oper-ationen gegen die Briten. Der jahrelange Kampf soll 300 000 Leben gekostet haben. "Die einheimischen Völker waren für ihn Untermenschen, seine Brutalität gegen sie hing auch mit seiner Herkunft aus einer preußischen Militärfamilie und dem damaligen Nationalismus zusammen", erklärt Heimatforscher Hans Peter Klauck aus Saarwellingen.

2010 beschloss der Saarlouiser Stadtrat einstimmig die Umbenennung der verbliebenen Von-Lettow-Vorbeck-Straße. "Man hat dafür viel Kraft aufwenden müssen, aber letztendlich war die Beweislast gegen Lettow-Vorbeck erdrückend", so Klauck.

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