Waschbären auf dem Vormarsch

Mainz/Saarbrücken. Besonders in Hessen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen ärgern sich häufig Stadtbewohner über von Waschbären umgekippte Mülltonnen und geklautes Obst. Auch im Saarland und in Rheinland-Pfalz scheinen sich die Tiere mit der Zorro-Gesichtsmaske immer wohler zu fühlen

 Einmal angelockt, kann der putzige Waschbär auch zum Plagegeist werden. Foto: dpa

Einmal angelockt, kann der putzige Waschbär auch zum Plagegeist werden. Foto: dpa

Mainz/Saarbrücken. Besonders in Hessen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen ärgern sich häufig Stadtbewohner über von Waschbären umgekippte Mülltonnen und geklautes Obst. Auch im Saarland und in Rheinland-Pfalz scheinen sich die Tiere mit der Zorro-Gesichtsmaske immer wohler zu fühlen. Während die Jäger im Saarland vor Jahren gar keine Waschbären erlegten, waren es im vergangenen Jagdjahr bereits 14, wie Staatssekretär Klaus Borger (Grüne) berichtete. In Rheinland-Pfalz waren es sogar 66 Waschbären, die den Jägern vor die Flinte kamen. Laut Borger, der vor seinem Amtsantritt als Umwelt-Staatssekretär auch Chef der Saar-Sektion des Ökologischen Jagdverbandes war, habe man grundsätzlich Probleme mit neuen Tierarten, die ausgewildert werden. Als aktuellstes Beispiel nannte er den Marderhund. "Solche Tiere können Nahrungs- und Lebensraumkonkurrenten heimischer Arten werden". Borger fügte hinzu, dass trotz des häufigeren Auftretens der Waschbären im Saarland deren Bestand noch nicht problematisch sei. "Mit Pulver und Blei" sei ihnen ohnehin nicht beizukommen.

"Das ist aber noch lächerlich im Vergleich zu den Zehntausenden, die jährlich in anderen Bundesländern erlegt werden", sagte der Experte Ulf Hohmann zu den Abschusszahlen im Saarland und Rheinland-Pfalz. Der Biologe leitet die Abteilung Wildökologie an der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft im pfälzischen Trippstadt. Nach Auskunft des Deutschen Jagdschutzverbandes wurden in ganz Deutschland im vergangenen Jagdjahr 54 800 Waschbären geschossen. In Rheinland-Pfalz kamen die Tiere, deren ursprüngliche Heimat Nord-Amerika ist, früher nur in der Nähe der hessischen Grenze vor. Mittlerweile hat sich der Schwerpunkt der Population in den Eifelkreis und somit stark in den Westen verschoben. "Das spricht dafür, dass der Waschbär nun das Land flächendeckend besiedelt hat, aber auf absolut niedrigem Niveau", sagt Hohmann.

Generell biete Rheinland-Pfalz als eine der waldreichsten Regionen gute Voraussetzungen für die Waschbären. Dem Biologen zufolge bevorzugen sie Laubwälder, idealerweise in der Nähe von Gewässern.

"Wenn die Population weiter so ansteigt, werden sie mit Sicherheit auch in die Städte gehen." Mainz oder Bingen würden dank ihrer Nähe zum Rhein dann von den kleinen Plagegeistern aufgesucht. Während Waschbären in freier Natur eher scheu sind, werden sie in der Stadt durch die Nähe zu Menschen schnell zutraulich und gesellig. "Die Tiere sollten niemals gefüttert werden. Sie gewöhnen sich schnell daran, kommen am nächsten Tag wieder und bringen ihre Familie mit." Die Konsequenzen des Fütterns seien Vielen nicht bewusst. Auch aus anderen Gründen sollte man den Kleinbären nicht zu nahe kommen. "Wie alle Wildtiere können sie Tollwut bekommen und auch übertragen", warnt Stephan Angermayer vom Landesjagdverband Rheinland-Pfalz.

Momentan gibt es in Europa noch keine eigene Waschbärentollwut, dies könne aber jederzeit losgehen, erklärt Hohmann. "Tollwut ist eine tickende Zeitbombe, in vielen Regionen in Amerika sind Waschbären die Tollwut-Überträger Nummer eins."

In den 1920er Jahren waren die ersten Kleinbären in Deutschland aus Pelztierfarmen geflohen, 1934 wurden einige Exemplare in Hessen gezielt ausgesetzt. Man solle sich bewusst sein, erklärt Angermayer, dass die Natur in Deutschland auf den Neubürger Waschbär nicht eingerichtet ist. Grundsätzlich ist der Waschbär aber weder für Mensch noch Tiere eine konkrete Bedrohung.

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