Spielhallen Spielhallen-Chefs sehen 800 Jobs in Gefahr

Saarbrücken · Massenkündigungen, Zunahme des illegalen Glücksspiels, Ausfall von Steuereinnahmen in Millionenhöhe: Im Kampf gegen ein neues Spielhallengesetz im Land setzen die Betroffenen auf gefürchtete Trümpfe.

 Die Betreiber der rund 140 gewerblichen Spielhallen im Saarland sehen durch ein neues Landesgesetz bis zu 800 Beschäftigte von der Kündigung bedroht.

Die Betreiber der rund 140 gewerblichen Spielhallen im Saarland sehen durch ein neues Landesgesetz bis zu 800 Beschäftigte von der Kündigung bedroht.

Foto: dpa/Marijan Murat

Ob sie im Kampf um ihre Existenz gewinnen oder verlieren – es kommt ihnen selbst inzwischen wie ein Glücksspiel vor. Denn noch sei unklar, wie viele ihrer Betriebe aufgrund der seit 1. Juli geltenden gesetzlichen Neuregelung schließen müssen. Die saarländischen Spielhallenbetreiber befürchten das Schlimmste: nämlich dass drei Viertel der 139 Spielhallen im Saarland dicht machen müssen. Damit seien rund 800 Arbeitsplätze gefährdet, rechnete Christian Antz, Vorsitzender des Automaten-Verbandes Saar (AVS), gestern bei einem Pressegespräch in Saarbrücken vor. Noch sei das allerdings unklar, weil die Landesregierung über die zahlreichen Härtefall-Anträge der Betreiber bislang nicht entschieden habe. „Das wollte die Regierung eigentlich bis Ende März dieses Jahres entschieden haben, aber bislang ist nichts geschehen“, beschwerte sich Antz gestern. „Die Landesregierung lässt uns im Regen stehen.“ Und er prophezeit: „Es wird zu einer Klagewelle kommen.“

Nach dem Glücksspielstaatsvertrag und einem entsprechenden saarländischen Spielhallengesetz soll die Konzentration von Spielhallen in Innenstädten verhindert werden. Die einzelnen Spielhallen müssen mindestens 500 Meter voneinander entfernt sein. Mehrere Konzessionen in einem Gebäude (pro Konzession sind nach AVS-Angaben zwölf Spielgeräte zulässig) sind ebenso verboten wie der Zutritt von Minderjährigen. Die Sperrzeit wurde von 4 bis 10 Uhr festgesetzt. Beschlossen wurde das alles bereits im Jahr 2012. Man räumte den Spielhallen-Betreibern aber fünf Jahre Zeit ein, um sich auf die Veränderungen vorzubereiten.

Doch wie solle man sich vorbereiten, wenn man nicht wisse, welche der von den Betreibern vorgebrachten 197 Härtefälle die Landesregierung anerkenne und welche nicht, klagten die Betreiber gestern. „Man kann ja nicht im Ernst von uns erwarten, dass wir vorsorglich mal eben Spielhallen dicht machen und zig Mitarbeiter auf die Straße setzen“, so Antz. Zudem habe es kein Ausführungsgesetz gegeben, in dem die Vorgehensweise hätte geregelt werden können. Inzwischen seien von offizieller Seite Duldungen für die bestehenden Spielhallen ausgesprochen worden – bis über die zahlreichen Härtefall-Anträge der Betreiber entschieden sei. Nach dem Gesetz sind die gewerblichen Spielhallenkonzessionen im Saarland am 30. Juni 2017 erloschen.

„Eigentlich sollte mit dem Glücksspielstaatsvertrag gegen Spielsucht und Kriminalität vorgegangen werden, aber mit dem saarländischen Spielhallengesetz wird nur eine Abwanderung der Spieler in die Illegalität erreicht, wenn zahlreiche Betriebe schließen müssen“, kritisiert Simone Storch, Geschäftsführerin des Bundesverbands Automatenunternehmer. Georg Stecker vom Branchen-Dachverband Deutsche Automatenwirtschaft ergänzt: „Wir treten ja selbst für eine Regulierung ein, aber nicht so.“

Mit einer Verbesserung des Jugend- und Spielerschutzes durch biometrische Einlasskontrollen sowie freiwillige TÜV-Zertifizierungen wollen die gewerblichen Spielhallen-Betreiber nun bundesweit gegen Gesetze der Bundesländer vorgehen. „Jede Spielhalle, die sich für die Weiterentwicklung des Verbraucherschutzes einsetzt, muss überleben“, fordert Christian Antz vom Automaten-Verband Saar. Im Saarland sind rund 100 Unternehmen im gewerblichen Automatenspiel tätig.

Mit Plakaten wirbt der Automaten-Verband Saar für seine Sache – und nennt dort unter anderem ein Argument, das normalerweise auch die Politik aufhorchen lässt: „Kaum zu glauben, aber wahr: Unsere Landesregierung verzichtet durch die Schließung legaler Spielhallen auf über 30 Millionen Euro Steuermehreinnahmen.“ Diese jährliche Summe setze sich zusammen aus knapp 15 Millionen Euro an Vergnügungssteuer sowie Einkommens-, Umsatz-, Körperschafts- und Gewerbesteuer.

Sollte das saarländische Spielhallengesetz „ohne Rücksicht auf Verluste umgesetzt werden“, sagt Udo Altpeter, Geschäftsführer einer Spielhallen-Kette im Saarland, dann müsse er wohl 320 der insgesamt 350 Beschäftigten kündigen. Was ihn besonders ärgert: „Die zwei staatlichen Spielbanken im Saarland und ihre fünf Dependancen sind von den gesetzlichen Regelungen natürlich ausgenommen. Die trifft es nicht.“

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