Als der Opa fast jeden Abend Christkind spielte

Wir waren sieben Enkelkinder (Jahrgänge 1947 bis 1953) unserer Großeltern und wohnten alle in Neuweiler. Die Adventszeit war für uns die schönste Zeit im Jahr. Wir saßen jeden Nachmittag, wenn es dunkel wurde, bei den Großeltern in der Küche und warteten darauf, dass etwas passiert

Wir waren sieben Enkelkinder (Jahrgänge 1947 bis 1953) unserer Großeltern und wohnten alle in Neuweiler. Die Adventszeit war für uns die schönste Zeit im Jahr. Wir saßen jeden Nachmittag, wenn es dunkel wurde, bei den Großeltern in der Küche und warteten darauf, dass etwas passiert. Wir sangen mit unserer Oma Weihnachtslieder und sahen dabei immer wie gespannt aus dem Küchenfenster in den Garten, als plötzlich einige Wunderkerzen, die an der Wäscheleine hingen, zu brennen anfingen. Wir freuten uns, dass das Christkind wieder mal in unserem Garten war, denn in den 50er Jahren war man als Kind ja noch dumm und wusste nicht, dass es unser Opa war, der die Wunderkerzen anzündete und sich freute, unsere erstaunten Gesichter zu sehen. Aber das war noch nicht alles. Etwas kam noch. Auf einmal ertönte ein Glöckchen. Da kam vom Himmel herab ein langes Seil. Daran hingen viele Geschenke, die wir Kinder uns zu Weihnachten gewünscht hatten. Wir riefen alle durcheinander, denn jeder von uns wollte das Geschenk, das er sich vom Christkind gewünscht hatte, an dem Seil gesehen haben. Doch genau so schnell wie das Seil mit den Geschenken vom Himmel herabkam, war es auch schon wieder verschwunden. So ging das in der Adventszeit fast jeden Abend. Unsere Großeltern waren froh, dass sie ihre Enkelkinder täglich sahen, und wir, dass das Christkind uns bis zum Heiligen Abend des Öfteren besuchte. Erst viele Jahre später erfuhren wir, dass es unser Opa war, der im oberen Stockwerk bei unserer Tante alle Geschenke zusammengebunden hatte, um uns Kindern damit eine Freude zu bereiten. Wir konnten den Heiligen Abend kaum abwarten, um unsere Geschenke von unserem Opa geschmückten Baum in Empfang zu nehmen. Diese Zeit habe ich schon sehr vermisst, doch die Gedanken daran und die an die Großeltern kann mir niemand nehmen.

Esther Riefer, St. Ingbert

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