Überzwerg „Meist kommen 1500 Euro zusammen“

Saarbrücken · Seit zehn Jahren lädt das Theater Überzwerg zu Adventslesungen, bei denen Gemälde für gute Zwecke versteigert werden.

Wenn die Sportfreunde Stiller singen, du bist ein Geschenk, dann wahrscheinlich nicht für die Überzwerge. Dabei hätten die es verdient, einmal mehr für diese entzückenden Adventslesungen. Letzten Samstag war es wieder so weit. Die erste Überraschung: So viele Leute auf der „Bühne“ sieht man hier sonst nie. In der Mitte, vorm Kulissen-Stall von „Ox & Esel“, hocken drei Schauspieler mit ihren Manuskripten: Eva Coenen, Gerrit Bernstein und Jürgen Kirchhoff. Links steht ein Tischchen voller Malutensilien, wo Dorota Wünsch schon die Pinsel spitzt. Rechts am Klavier sitzt Ute Bernet, dazwischen Miriam Gehring mit ihrer großen Stimme und einem Sortiment Miniatur-Instrumente: kleine Schellen, Glöckchen, Glockenspiele. Und die quirlige Felicitas Becher gibt die Auktionarin.

Diesen Personalschlüssel kann sich kein Theater im Saarland leisten. Weshalb ja auch für umme gespielt wird. Nicht nur einmal pro Advent, sondern alle vier Adventssamstage in Folge. Seit zehn Jahren. „Es war Bobs Idee“, erinnert sich Dramaturg Christoph Dewes. Angefangen hat alles mit zwei Sonntagsmatineen im Dezember 2006. „Es ist ein Elch entsprungen“ von Andreas Steinhöfel lasen sie damals, leider nur „schwach besucht“. Doch die Saat war gelegt. Im Folgejahr baute man das Programm aus, holte Musiker ins Boot und Künstler, deren live gemalte Bilder meistbietend für den guten Zweck versteigert wurden. Und man verlegte die ganze Sache auf den Abend. Statt Eintrittsgeld zu verlangen, verwiesen die Gastgeber auf die Spendenbüchse. „Es war direkt ein Riesenerfolg“, so Dewes.

Und blieb es. Für viele Familien gehört die Adventslesung des Kinder- und Jugendtheaters inzwischen fest in den Dezember, für manche beginnt der Advent überhaupt erst so richtig mit den plus/minus zwei Stunden, randvoll mit Geschichten und Gesang, Glühwein und Plätzchen, Lachen und Staunen und Träumen. Für Kinder sei das schon lang, räumt Dewes ein. Aber da richte man sich nach den Malern, die ja ein passables Endprodukt abliefern sollen. „Letztes Jahr wurde Doro Wünsch nicht fertig. Da mussten wir noch verlängern.“ Um das Bild trocken zu kriegen, wurde „blitzschnell ein Föhn organisiert“. Lebhaft in Erinnerung ist Dewes auch jene Schrecksekunde, als er – in der Rolle des Auktionators – feststellen musste, dass während der Lesung acht statt nur ein Bild entstanden sind.

Nebenbei noch etwas für den Kinderhospizdienst Saar oder ein Kinderheim in Indien oder die Saarbrücker Tafel oder eine andere Initiative, die es bitter nötig hat, zu tun, erhöht den Reiz der Veranstaltung. „Meistens kommen an den vier Tagen 1500 Euro zusammen.“ Im Jubiläumsjahr, in das der 110. Geburtstag von Astrid Lindgren fällt, dreht sich wie schon bei der Premiere 2007 alles um die große schwedische Erzählerin. So litten die Zuhörer am Samstag tüchtig mit, als die Schafe von Kapela gemeuchelt wurden. Und freuten sich mit Johann, als für ihn ein Kalb vom Himmel, aber ureigentlich vom Schlitten des Bäckhultbauern, fiel. Und es ertönte ordentlich Gelächter, als Pelle wütend von zu Hause weg in die weite Welt lief: ins Gartenhäuschen – von Bernstein derart goldig gespielt, dass man ihn am liebsten geknuddelt hätte.

Das letzte Gebot für Johann in Acryl lag bei 200 Euro, sie wandern weiter zum Mutter-Kind-Projekt nach Togo. Gut möglich, dass es die letzten Versteigerungen sind, verrät Dewes noch. Inzwischen sei das ausgereizt, etwas Neues muss her. Anders die Lesungen, da darf alles so bleiben.

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