Urteil Mildes Urteil für Liegestützen auf Saarbrücker Altar

Saarbrücken · Für den Angeklagten hat sich die Berufung gelohnt. Die Richter am Landgericht verhängten eine Bewährungsstrafe. Der Pfarrer der Basilika St. Johann ist enttäuscht.

 Alexander Karle machte für sein Projekt Liegestütze auf dem Altar der Kirchengemeinde St. Johann.  Foto: Video Pressure to Perform/Alexander Karle/dpa

Alexander Karle machte für sein Projekt Liegestütze auf dem Altar der Kirchengemeinde St. Johann. Foto: Video Pressure to Perform/Alexander Karle/dpa

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Knapp 30 Liegestützen auf einem Kirchenaltar: Stört dies die Religionsfreiheit? Oder rechtfertigt die künstlerische Freiheit diese Aktion? Noch im Januar hatte das Saarbrücker Amtsgericht Alexander Karle (38) dafür zu 700 Euro Geldstrafe verurteilt. Der Richter wertete die mit einer Kamera aufgezeichnete Performance mitnichten als Ausübung der künstlerischen Tätigkeit des Angeklagten. Zudem handle es sich um Hausfriedensbruch. Denn der Saarbrücker war über eine rote Kordel gestiegen, die den Altarraum der Basilika St. Johann abriegelt.

Das Urteil wollte sich Karle nicht bieten lasen, legte Berufung ein. So stand wegen des Vorfalls vom Januar 2016 am Montag erneut ein Prozess an, diesmal vor dem Landgericht. Dass er, ohne zu fragen, die Stufen zum Altarpodest erklomm und Leibesübungen auf dem Altar unter dem Titel „Leistungsdruck“ vollführte, verteidigte er mit dem zu erwartenden Verwaltungsaufwand bis zu einer etwaigen Genehmigung.

Und: Er erzielte mit dem erneuten Gang vor den Kadi einen Teilerfolg. Der Vorsitzende Richter Thomas Emanuel ließ es im Auge des Betrachters, ob die Aktion „künstlerischer Unfug“ ist. Dies sei nicht justiziabel. „Es ist nunmal Kunst, wie sie verfassungsmäßig zugebilligt wird.“ Karle habe den Altar weder beschädigt noch Gläubige während seiner Liegestützen gestört. Deshalb könne von beschimpfendem Unfug laut Strafgesetzbuch, wie es die Staatsanwältin sah, keine Rede sein.

Wofür allerdings der Angeklagte zur Rechenschaft gezogen wird: Er beging nach Auffasung des Gerichts Hausfriedensbruch. Denn der Altarraum sei von einer „gemauerten Ballustrade und einer massiven Kordel“ abgegrenzt. „Wer geradeaus denken kann, muss erkennen, dass der Altar abgesperrt ist“, gab Richter Emanuel dem Angeklagten mit. Deswegen verhängte er 500 Euro Geldstrafe. Die wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Unabhängig davon verdonnerte Emanuel den Diplom-Künstler dazu, 500 Euro an die Caritas-Jugendeinrichtung Margarethenstift in Saarbrücken zu zahlen. Das gehört zur Bewährungsauflage. Den Betrag muss Karle, der nach eigenen Angaben ein monatliches Netto-Einkommen von etwas mehr als 800 Euro hat, binnen sechs Monaten berappen.

Aufsehen erregt hatte Karle mit dem Video zum Kirchenauftritt. Auf Anraten des Trierer Bistums erstattete Pfarrer Eugen Vogt Anzeige. Er zeigte sich nach dem neuerlichen Urteil enttäuscht. Nach wie vor halte er die Aktion für „ein grob ungehöriges und missachtendes Verhalten“, sagte Vogt. Die Staatsanwältin ließ offen, ob sie gegen den Richterspruch Revision einlegt. Karle hingegen kündigte an, das Urteil anzunehmen.

Im Gegensatz zu seiner Meldung von vergangener Woche, dass es sich bei seinem Film nur um eine Videomontage gehandelt habe, blieb der Künstler am Montag vor Gericht bei seinem Geständnis vom ersten Prozess. „Ich wollte nur zeigen, wie widersprüchlich das Thema ist, was fiktiv oder real ist“, sagte er.

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